1 |
allemand-francais |
Wer war der Graf
von Saint-Germain? |
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2 |
rakoczy |
Seine Herkunft,
Abstammung und wirkliche Identität blieb bis heute unbekannt. Er verwandelte
Blei in Gold und schuf künstliche Diamanten. Zudem schien er nie zu altern,
und er behauptete, Jesus und Kleopatra persönlich gekannt zu haben Keineswegs
zufällig nannten (und nennen) ihn seine zahlreichen Bewunderer in geheimen
Bruderschaften und esoterischen Zirkeln 'Sphinx von Europa', und wenn sie von
ihm sprechen, bezeichnen sie ihr Idol respektvoll als 'Meister'. |
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3 |
fond
diplomatique |
Mehr als zwei
Jahrhunderte sind seit jener Zeit vergangen, in der diese geheimnisvolle
Persönlichkeit europaweit in Erscheinung trat. Denn ihr offiziell im
Sterberegister der Sankt-Nikolaus-Kirche in Eckernförde verzeichnetes
Ableben, am 27. Februar 1784, erfolgte (wie aus diesem Datum unschwer zu
ersehen ist) bereits im 18. Jahrhundert. Und doch gibt es (und gab es) im
Verlauf der vergangenen Jahrzehnte nicht wenige Menschen, die glaubhaft
behaupteten, dem angeblich Verstorbenen lange nach seinem angeblichen Tod
wahrhaftig begegnet zu sein. Für die vielen Verehrer dieses außergewöhnlichen
Mannes durchaus verständlich: denn für sie ist es Gewissheit, dass der
vielfach als 'Wundermann' und 'Unbegreiflicher' bezeichnete immer noch lebt
und schlechthin als unsterblich bezeichnet werden muss. Der so genannte Graf
von Saint-Germain. |
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4 |
saint-germain |
Zwar leitete der
Betreffende seinen Namen von einem berühmten französischen Adelsgeschlecht
ab, und seine Wiege schien an irgendeinem Fürstenhof gestanden zu haben, aber
letztendlich dürfte es eher höchst ungewiss sein, dass der Graf von
Saint-Germain derjenige war, für den er sich auszugeben beliebte. Zeitlebens
war er bestrebt, seine eigentliche familiäre Herkunft, sein tatsächliches
Alter sowie den Ort seiner Geburt geheim zu halten. Vielmehr war er, um davon
abzulenken, in der Zeit seines Auftretens (in welchen Ländern Europas das
auch geschah) bestrebt, seine Umwelt, die Menschen, denen er begegnete, mit
seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten und Kenntnissen zu verblüffen. Sein
Sprachtalent schien universell zu sein, und er besaß zudem ein ungemein vielfältiges
Wissen. So beherrschte er die Kunst, Blei in Gold zu verwandeln ebenso wie
die Fertigkeit, Edelsteine 'aus der Retorte' herzustellen. Hauptsächlich aber
war der Graf von Saint-Germain 'im Dienst der Krone', jener Frankreichs
(gelegentlich aber auch im Auftrag der Herrschenden in Preußen oder
Österreich), unterwegs. Was zur logischen Folge hatte, dass dieser angebliche
Aristokrat fast ständig auf Reisen war. Als Agent oder Geheimkurier, Diplomat
oder als getarnter Angehöriger verschiedenster Geheimbünde. Saint-Germain,
der sowohl den Freimaurern, Rosenkreuzern, Illuminaten, Kabbalisten als auch
den Maltesern als tätiges oder beratendes Mitglied angehörte, bewältigte
derartige delikate Aufgaben auf seine spezielle Art und Weise: er wechselte
hierfür 'je nach Erfordernis' Aussehen, Kleidung und Persönlichkeit. Und
selbstverständlich bediente er sich für seine wechselnden Identitäten auch
jeder Menge falscher Namen und Titel. Rund achtzig Pseudonyme waren ihm dabei
nachzuweisen. |
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5 |
melvin |
In esoterischen,
okkultistischen Kreisen sah (und sieht) man in ihm einen 'Wiedergänger'. Eine
Person also, der es vorbehalten scheint, das Mittel gefunden zu haben, nie
mehr zu altern, und die zudem die Möglichkeit vorfindet, 'durch die Zeit' zu
reisen. Das würde bedeuten, dass der Graf von Saint-Germain nach wie vor
existiert, uns theoretisch irgendwo und irgendwann einmal begegnen könnte.
Tatsächlich gibt es mehrere Hinweise, die auf den geheimnisvollen Graf
hinzudeuten scheinen. Wobei der 'Wiedergänger', wie gewohnt, unter
verschiedenen, aber auch seinem eigentlichen Namen in Erscheinung trat. |
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6 |
graf |
Drei Beispiele
mögen dies untermauern. 'Nennt mich Showman oder Televisionär...' Glückliche
Umstände haben uns das Tagebuch eines einfachen Landsknechtes erhalten, das
dieser im Jahre 1618 niederschrieb. Darin ist von einem gewissen Montsalveri
die Rede, der gegenüber seiner Umwelt ein recht merkwürdiges Verhalten an den
Tag legte. Den Tagebuchnotizen des Landsknechtes zufolge, kam jener
Montsalveri eines Tages in ein Wirtshaus und erregte dort, aufgrund seiner
eigentümlichen Aussagen und seines nicht weniger ungewöhnlichen Auftretens,
großes Aufsehen unter den Gästen. Dies solange, bis die Wirtin ihre Neugier
einfach nicht mehr bezähmen konnte und von dem Fremden wissen wollte: 'Sind
Sie vielleicht ein Zauberkünstler?' Montsalveri musste bei dieser naiven
Frage lächeln und gab zur Antwort: 'Nennet es so, Madame, doch werdet Ihr
mich nicht auf Messen, Märkten oder dergleichen finden. Ich treibe meine
Künste aus freier Profession. Nennet mich Showman, Televisionär oder wie Ihr
sonst es möget. Der Name hierfür ist Schall und Rauch...' Wer in unserer, von
den elektronischen und Print-Medien durchdrungenen Zeit so antworten würde,
dann könnte man ihn sicher verstehen. Aber das Tagebuch jenes Landsknechtes
wurde vor rund 380 (!) Jahren geschrieben, und dieser einfache, uns heute
unbekannte Mann begegnete den ihm rätselhaft erscheinenden Fremden somit im
17. Jahrhundert! Was veranlasste diesen, sich schon damals der Bezeichnung
'Televisionär' oder 'Showman' zu bedienen? |
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7 |
franciszek
rakoczy II |
Aber das war längst
nicht alles, was die erstaunten und sicher auch verwirrten Bauern des Jahres
1618 zu hören bekamen. Wusste doch besagter Montsalveri auch noch mancherlei
aus dem Jahre 2000 (sic!) zu berichten. Ob ihm das Gesinde glaubte oder sich
lediglich amüsieren wollte, bleibt dahingestellt. Einige der Landsknechte
wollten jedenfalls mehr von dem eigenartigen Besucher erfahren: 'Erzählen Sie
uns doch etwas aus Ihrem Leben', begehrten sie zu wissen und der
Angesprochene zierte sich keineswegs, dies zu tun: |
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8 |
WANCLIK |
'Gerne komme ich
euren Wünschen nach, denn in ein paar Jahrtausenden sammelt sich so manches
an.' Wir müssen dem gewissenhaften, anonym gebliebenen Tagebuchschreiber noch
nachträglich dankbar sein, dass er das von Montsalveri Berichtete tatsächlich
zu Papier gebracht hat auch wenn er das Wiedergegebene (wie auch die übrigen
Wirtshausgäste inklusive der Wirtin) in seiner Bedeutung nicht zu verstehen
vermochte. Wie sollte er auch, wenn er da von seltsamen Wagen erfuhr, die
imstande waren, sich ohne von Pferden gezogen zu werden aus eigener Kraft
rasend schnell vorwärts zu bewegen? Wie sollte er sich Fahrzeuge vorstellen
können, die in beliebige Richtungen fliegen? Völlig absurd musste ihm und den
anderen Zuhörern die Behauptung des Fremden erscheinen, in ferner Zukunft
würde es sogar Maschinen geben, die selbständige Denkprozesse durchführen
könnten. Computer und ähnliches waren damals, verständlicherweise, doch
völlig undenkbar... |
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9 |
MEMOIRES
DU COMTE |
Doch Montsalveri
ließ es mit derartigen Utopien noch längst nicht genug sein. Kaum hatte er
seine phantastischen Aufzählungen jener wundersamen Dinge beendet, forderte
er die erstaunten Bauern auf, ihm ein bestimmtes Pergament zu unterschreiben.
Aber keineswegs mit einem damals gebräuchlichen Federkiel. Vielmehr holte der
Unbekannte plötzlich ein kleines, undefinierbar scheinendes Etwas aus seiner
Rocktasche und forderte die ratlos Umherstehenden auf, sich dieses
unerklärlichen Schreibgerätes zu bedienen: 'Schreibet ruhig damit es stammt
aus dem Jahre 2000!' Zögernd, aber nichtsdestotrotz von Neugier beseelt, tat
einer nach dem anderen das Gewünschte. Ohne 'das Ding' in ein Tintenfass
eintauchen zu müssen, kritzelte jeder der Anwesenden seinen Namen auf den
Pergamentbogen. Danach steckte Montsalveri sein Schreibzeug wieder ein und
war im nächsten Augenblick spurlos verschwunden! Den verblüfften Bauersleuten
kam es vor, als hätte den rätselhaften Besucher ein Erdloch verschluckt.
Verzweifelt suchte man nach dem Fremden in allen Räumlichkeiten des
Gasthauses. Kein Winkel des Gebäudes wurde vergessen. Aber alle Mühe war
vergebens der geheimnisvolle Gast schien sich buchstäblich in Luft aufgelöst
zu haben. Worum hatte es sich bei jenem seltsamen Schreibzeug, das der
Tagebuchschreiber (mangels geeigneter Bezeichnung) als 'Spänlein' angegeben
hatte, gehandelt? Um eine Art (oder Abart) von Utensilien, die uns heute als
Kugelschreiber geläufig ist? Und 'Montsalveri'? Hieß der Besucher wirklich
so? Oder handelte es sich bei diesem Namen lediglich um eines der vielen
Pseudonyme des Grafen von Saint-Germain? War der so genannte 'Wiedergänger'
wieder einmal 'durch die Zeit' gereist? |
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10 |
UMBERTO
ECO |
Aus einer (uns
heute näher gerückten) Zukunft dem Jahre 2000 direkt retour ins 17.
Jahrhundert? Welche Manipulationsmöglichkeiten, die Zeit und ihre Epochen
betreffend, waren diesem Mann gegeben? Hat er auch in unserem Jahrhundert
(dem zwanzigsten) seine Spuren hinterlassen? So unglaublich das auch scheinen
mag es könnte tatsächlich so gewesen sein... Ungewöhnliches aus
Feldpostbriefen Zeitlebens hat er nicht begriffen, was ihm da widerfahren
ist. Wir verdanken es zwei von ihm geschriebenen Feldpostbriefen, dass
mysteriöse Geschehnisse aus ihrem Dunkel ins Licht gerückt worden sind. Der
oberbayrische Schreinermeister Andreas Rill, von ihm ist hier die Rede,
schrieb sie im Jahre 1914 an seine Angehörigen in der Heimat, und er erzählte
in den beiden Schreiben vom 24. und 30. August von der Bekanntschaft mit
einem Zivilisten, den der Leutnant seiner Kompanie an der Schwarzwälder
Vogesenfront festgenommen und an der Flucht gehindert hatte. Der Fremde
beherrschte mehrere Sprachen und unterhielt sich mit den Kompanieangehörigen
vorzugsweise deutsch und französisch. Doch das war es nicht, was Andreas Rill
in Erstaunen versetzte. Was die Soldaten dem Fremden einfach nicht glauben
wollten, worüber sie lachten und ihn deshalb als 'spinnad' (phantasierend)
bezeichneten: Der unbekannte Zivilist vermöchte offenbar in die Zukunft zu
schauen. |
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11 |
POMPADOUR |
Hatten der
Schreinermeister Rill und seine Kameraden in jenen Augusttagen fest
angenommen, dieser eben begonnene Krieg würde spätestens bis Weihnachten
beendet sein, und sah sich unser bayerischer Soldat im Geist bereits wieder
mit seinen Lieben im Heimatort Untermühlhausen vereint, so widersprach dem
die Behauptung des Fremden, dieser Krieg der Erste Weltkrieg würde noch Jahre
dauern und viele Opfer fordern. Der bewusste Feldpostbrief, der die Aussagen
des Kriegsgefangenen enthält und nachweislich von dem oberbayerischen
Schreinermeister verfasst worden ist, hat jeder Überprüfung standgehalten und
gilt als echt. Andreas Rill hat somit sein seltsames Erlebnis dokumentarisch
festgehalten und der Nachwelt überliefert. Der Chronist starb 1952 als
71jähriger. Was den Schreinermeister so maßlos verblüffte und in Erstaunen
versetzte, waren die zahlreichen Angaben des Fremden, die sich ausschließlich
auf zukünftige Ereignisse bezogen. Der Krieg, behauptete der Gefangene, sei
für Deutschland verloren, er würde ins fünfte Jahr gehen, dann gäbe es
Revolution. Aber auch dadurch würde nichts besser werden. Das Volk wäre
allerdings plötzlich reich, und es hätte dann jeder so viel Geld, dass er es
zum Fenster hinauswerfen könnte, und niemand würde es aufheben. |
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12 |
CAREER |
In dieser Zeit
würde im äußersten Russland der Antichrist geboren werden, aber erst in den
fünfziger Jahren in Erscheinung treten. Doch zuvor würde sich ein Mann aus
der niederen Stufe in Deutschland bemerkbar machen. Er huldigte der
Gleichmacherei, und das Volk hätte nichts mehr zu reden. Seine Befehle würden
mit einer Strenge durchgesetzt, dass es den Leuten das Wasser bei allen Fugen
heraus triebe. Es würde ihnen mehr genommen als gegeben werden, ohne dass sie
es merkten. Jeder Tag brächte neue Gesetze, und viele Menschen erlitten
dadurch manches oder stürben gar. Diese Zeit begänne circa 32 (= 1932) und
dauere neun Jahre. Aber der nachfolgende Krieg würde für diesen Mann schlecht
enden, ebenso für seinen Anhang. Für den biederen Andreas Rill waren diese
Voraussagen 'böhmische Dörfer'. Er wusste damals nichts von bevorstehenden
Umstürzen, nichts von heraufdämmernden Inflationen, und spätere Diktatoren
wie Stalin und Hitler stellten für ihn unbekannte Faktoren dar. Rill nahm die
Prophezeiungen des Unbekannten nicht ernst, auch nicht jene, in denen von
einem dritten Weltkrieg die Rede war. Er würde 28 oder 58 Tage dauern: 'Ich
habe es nicht mehr in Erinnerung', entschuldigte sich der Bayer, als er am 7.
August 1947 dem aus seinem Heimatdorf stammenden Pater Balthasar Gehr von den
merkwürdigen Äußerungen des Fremden berichtete. |
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13 |
DNA |
Russland würde
gegen die Türkei, Deutschland, Polen und Frankreich kämpfen, während England
und Amerika 'mit sich selbst beschäftigt' wären. Als wir ihn bedrängten,
sagte er nur immer wieder: ,Wenn ihr wüsstet, was ihr vor euch habt, würdet
ihr große Augen machen!', verwunderte sich der Schreinermeister auch noch im
Rückblick auf das ihm Prophezeite. Wer war jener Seher gewesen? Wer besaß die
ungewöhnliche Gabe, in die Zukunft schauen zu können? War der sprachgewandte
Zivilist womöglich gar aus der Zukunft gekommen? Als Zeitreisender? Andreas
Rill hat uns den Namen dieses Mannes leider nicht überliefert. Wahrscheinlich
kannte er ihn gar nicht. Aber einen Namen muss der Fremde zweifellos gehabt
haben. Hatte er ihn damals bewusst verschwiegen? Rill registrierte in seinen
Feldpostbriefen immerhin die Tatsache, dass der Unbekannte perfekt Deutsch
und Französisch sprechen konnte. Sollte es sich hierbei tatsächlich um den
Grafen von Saint-Germain gehandelt haben? Gut möglich. So er in der Lage
gewesen sein sollte, jederzeit die Barrieren der Zeit zu überwinden. Machte
sich der 'Wiedergänger' auch vor nunmehr sechsundzwanzig Jahren, im Januar
1972, bemerkbar? |
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14 |
MIROSLAW |
Auf französischem
Boden? Ein Alchimist im Fernsehen? Selbst erfahrene Fachleute schüttelten
damals verständnislos die Köpfe, während sie der Darbietung eines jungen
Mannes folgten, die dieser vor den TV-Kameras eines Pariser Fernsehstudios in
eindrucksvoller Weise zelebrierte. Niemand der Anwesenden und auch keiner der
unzähligen TV-Konsumenten vermochte plausibel zu erklären, auf welche Weise
der Studiogast sein alchimistisches Experiment abgewickelt hatte. Begonnen
hatte es mit der Anfrage eines etwa 25jährigen Franzosen, der sich bei einer
Pariser Fernsehstation gemeldet und als Richard Chanfray vorgestellt hatte.
Selbstbewusst machte er den überraschten TV-Bossen das Angebot, vor laufender
Kamera und unter lediglicher Zuhilfenahme eines gewöhnlichen Campingkochers,
Blei in Gold verwandeln zu können. War man dort zunächst skeptisch bis
unwillig, dem jungen Möchtegern-Alchimisten kostbare Sendezeit zur Verfügung
zu stellen, siegte schließlich die Neugier. Zudem erwartete man sich einen
spektakulären Reinfall des Monsieur Chanfray und so stimmten die Herren
schließlich zu, dessen unglaubwürdiges Experiment zu gestatten. Was niemand
ernsthaft angenommen hatte, trat tatsächlich ein: Ein simpler Campingkocher
genügte dem außergewöhnlichen Studiogast voll und ganz, und obwohl man ihm
sowohl im Studio selbst als auch vor den Fernsehschirmen scharf auf die
Finger sah, vermochte niemand während der Darbietung einen
Taschenspielertrick wahrzunehmen. Richard Chanfray verwandelte vor aller
Augen Blei in Gold! Danach lieferte er sogar noch eine 'Draufgabe': Mit
verschiedenen, von ihm ins Studio mitgebrachten Ingredienzien braute er auf
besagtem Miniherd auch noch ein Getränk, das er, nach dessen Fertigstellung,
hochtrabend als 'Lebenselixier' bezeichnete. |
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15 |
FRANZ
ii |
Damit waren aber
der Überraschungen noch nicht alle. Nach vollendetem Experiment stellte sich
der junge Mann in Positur und verkündete seinem überraschten Publikum: 'Zwar
nenne ich mich mit meinem bürgerlichen Namen Richard Chanfray aber in
Wirklichkeit bin ich... der Graf von Saint-Germain!' Der unverfrorene Bluff
eines Hochstaplers? Haltlose Publicity eines Angebers, der auf diese Weise
ins Showgeschäft einzusteigen hoffte? Oder am Ende vielleicht doch das
wahrheitsgemäße Eingeständnis jenes Mannes, dem als 'Wiedergänger' keine
Zeitschranken gesetzt zu sein scheinen? Wie auch immer: Seit jenem
außerordentlichen 'Gastspiel' in dem Pariser Fernsehstudio an einem
Januarabend des Jahres 1972, hat man von dem ominösen Monsieur Chanfray
nichts mehr gehört. Er scheint von der Bildfläche verschwunden zu sein. Aus
gutem Grund? |
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16 |
graf
von st germain |
Niemand vermag das
zu sagen nur ein kleiner Nachtrag sei hier noch hinzugefügt: Als man das so
genannte Elixier später in einem Labor genauer analysierte, stellte sich
seine absolute Verwendbarkeit heraus. Allerdings: Eine Massenproduktion des
Getränks wäre aufgrund seiner kostspieligen Beimischungen zu teuer gekommen.
Gerüchte und Legenden Zu jenen Besonderheiten, deretwegen der vielseitige und
umtriebige 'Wiedergänger' besonders gerühmt und (vornehmlich beim weiblichen
Geschlecht) begehrt wurde, gehört zweifellos die Fama, Saint-Germain sei im
Beisitz eines einzigartigen Wundermittels, das ihm gleichsam als Jungbrunnen
diene, und was beigetragen habe, sein augenblickliches Alter (das damals auf
etwa fünfzig Jahre geschätzt wurde) gleichsam zu 'konservieren'. In diesem
Zusammenhang ist uns ein historischer Dialog überliefert, den Saint-Germain
mit seiner damaligen Gönnerin, der Mätresse des französischen Königs Ludwig
XV., Madame de Pompadour, nachweislich geführt hat. dass uns dieses Gespräch
in vollem Umfang erhalten blieb, ist dem indiskreten Verhalten jener Frau zu
verdanken, die als Erste Hofdame des königlichen Paares fungierte, damals
aber nicht davor zurückscheute, dem vertraulichen Gespräch ihrer Herrin mit
dem in außerordentlicher Audienz empfangenen adeligen Besucher, hinter einem
Paravent verborgen, zu lauschen. |
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17 |
sieniawska |
Und das keineswegs
allein: Ihr zur Seite vernahm auch Ludwigs Kriegsminister, Marschall de
Belle-Isle, was der Pompadour auf dem Herzen lag. Viele Jahre später brachte
dann die bewusste Hofdame, Madame du Hausset, jene Erinnerungen sogar zu
Papier und veröffentlichte sämtliche Indiskretionen in ihren 1824
erschienenen Memoiren. Der Pompadour war es bei der Unterhaltung mit dem
geheimnisumwitterten Grafen einzig und allein um eines gegangen: Sie wollte
sein 'Lebenselixier' erwerben, um sich damit ihre Schönheit und ihren
Liebreiz zu erhalten und damit ihre bestimmende Position an der Seite von
Ludwig XV. Der Graf von Saint-Germain hatte sehr schnell erkannt, aus welchem
Grund er zur Audienz bei der Pompadour gebeten worden war. Ihre Einladung kam
ihm (was die Vertraute des Königs aber nicht ahnte) durchaus gelegen. War es
dem als 'Wundermann' sowohl in aristokratischen Kreisen als auch bei den
gewöhnlichen Bürgern verschrienen Alchimisten doch geglückt, ein
rosafarbenes, kristallklares Wässerchen im Labor herzustellen, das er als
wirksames 'Lebenselixier' anpries. Mit Hilfe des Getränkes sei es dem Grafen
gelungen, sein Alter aufzuhalten und somit sein jugendliches Aussehen zu
bewahren. |
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18 |
polish
campaign |
Madame de Pompadour
empfing Saint-Germain mit charmantem Lächeln, kam aber sehr rasch auf den
eigentlichen Grund des vertraulichen Besuchs zu sprechen. Insgeheim nahm sie
ihren Gast und dessen wundersame Talente, die man ihm allseits zusprach,
nicht sehr ernst. Dennoch war sie bestrebt, dessen 'Lebenselixier' käuflich
zu erwerben. Es konnte ja sein... Zunächst aber versuchte sie, das dem Grafen
vorauseilende Gerücht ad absurdum zu führen, dieser sei bereits mehrere
tausend Jahre am Leben, habe Christus persönlich kennen gelernt und mit der
ägyptischen Kleopatra soupiert. Deshalb stellte sie ihrem ungewöhnlichen Gast
die Suggestivfrage, um ihn damit in Verlegenheit zu bringen: 'Wie sah Franz
I. eigentlich aus? Das war ein König, wie ich ihn hätte lieben können.' Der
betreffende Monarch hatte Frankreich zu einer Zeit regiert, in der ihr
Besucher schwerlich bereits gelebt haben konnte: König Franz I. regierte
Frankreich nämlich im 16. Jahrhundert von 1494 bis 1547. Mehr als zweihundert
Jahre waren inzwischen vergangen. Aber Saint-Germain ließ sich nicht
erschüttern. Ungerührt entgegnete er: 'O ja, seine Majestät war wirklich sehr
liebenswert...', und dann ließ er eine ziemlich genaue Beschreibung der
äußeren Erscheinung des Regenten folgen. |
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19 |
korycinski |
Madame de Pompadour
war bass erstaunt, schilderte ihr doch der gräfliche Besucher geradezu
detailverliebt das Aussehen von Franz I. Angefangen von seinen Gesichtszügen
bis hin zu der Figur des Königs. 'Leider hatte er ein zu hitziges
Temperament', meinte Saint-Germain dann mit bekümmerter Miene, um bedauernd
hinzuzufügen: 'Das machte es mir in der Folge unmöglich, Franz I. vor all dem
Unglück, das ihn später ereilte, zu bewahren. Ich hätte ihm gar zu gerne
einen trefflichen Rat gegeben aber er hätte ihn wohl nicht befolgt.' Madame
de Pompadour war verblüfft. Und wahrscheinlich verstand sie auch die
nachfolgende kritische Bemerkung des Grafen, die zu einem Gutteil auch ihrem
Liebhaber, König Ludwig XV. zu gelten schien: 'Überhaupt sieht es so aus, als
würde insgesamt ein Verhängnis über den Fürsten dieses Landes walten. Denn in
besonders kritischen Situationen scheinen ihre Ohren die Ohren des Geistes
verschlossen zu sein, taub und ignorant gegenüber selbst den besten
Ratschlägen.' |
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20 |
rakoczi2 |
Saint-Germains
Unverfrorenheit reizte Ludwigs schöne Mätresse zu Widerspruch. Sie versuchte,
ihr Gegenüber systematisch 'festzunageln'. Listig begehrte sie von ihm zu
wissen: 'War der Hof von Franz I. eigentlich sehr schön?' Darüber konnte der
Graf doch wohl kaum etwas in Erfahrung gebracht haben, war sie sich sicher.
Der aber war nicht in Verlegenheit zu bringen. 'Dort war es wirklich sehr
schön', entgegnete er und fügte hinzu: 'Allerdings: die Königshöfe seiner
Enkel Franz II., Karl IX. sowie Heinrich III. (sie hatten in dieser
Reihenfolge im Verlauf des 16. Jahrhunderts regiert) übertrafen an Schönheit
den ihres Großvaters bei weitem. Vor allem zur Zeit der Maria Stuart und der
Margarete von Valois war der Hof des jeweiligen Monarchen geradezu ein Zauberland
sowie ein wahrer Tempel der Genüsse nicht nur der leiblichen, sondern auch
der geistigen.' Der Graf von Saint-Germain schien geradezu in Erinnerungen zu
schwelgen. |
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21 |
profils |
Auch wenn sie ihn
immer noch für einen Hochstapler hielt, musste Madame de Pompadour über so
viel Keckheit ihres Gastes lachen. 'Wie es scheint, haben Sie das alles mit
eigenen Augen gesehen', versuchte sie Saint-Germain weiter zu provozieren.
Dieser hatte natürlich längst erkannt, worauf es seine hohe Gastgeberin
angelegt hatte. Scheinbar gleichmütig gab er ihr aber zu verstehen: 'Madame,
mein Gedächtnis ist stark und funktioniert immer noch gut...' Dann setzte er
mit einem maliziösen Lächeln hinzu: 'Zudem habe ich die französische
Geschichte eingehend studiert.' Damit war die Altersfrage, die die Pompadour
gerne aufgeklärt hätte, weiterhin unbeantwortet geblieben. Hatte nun ihr
gräflicher Besucher das zuvor Wiedergegebene selbst erlebt oder lediglich
einen Anschauungsunterricht seiner großen Besessenheit gegeben? |
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22 |
gallica |
Längst war Ludwigs
Mätresse klar geworden, dass eigentlich nicht sie, sondern Saint-Germain die
Fäden des Gespräches steuerte, was sie zunehmend verärgerte. Wie, um ihre
Ratlosigkeit noch zu erhöhen, gab ihr der Graf in provokanter Weise zu
verstehen: 'Bisweilen, Madame, erlaube ich mir durchaus den Spaß, die Leute
zwar nicht glauben zu machen, jedoch glauben zu lassen, dass ich bereits in
den ältesten Zeiten gelebt habe...' 'Und doch weigern Sie sich standhaft, mir
Ihr wirkliches Alter zu nennen', schmollte die schöne Frau. 'Andererseits
aber geben Sie sich gerne für sehr alt aus. Jedenfalls behauptet das auch die
mir bekannte Gräfin von Gergy. Sie war vor gut fünfzig Jahren Botschafterin
in Venedig und will Ihnen dort begegnet sein. Damals, so erzählte sie mir
kürzlich, hätten Sie genauso ausgesehen wie heute. Wie erklären Sie sich
das?' Saint-Germain zögerte keinen Augenblick mit der Antwort. Scheinbar
unbeirrt von diesem offensichtlichen Widerspruch meinte er zustimmend: 'Sie
haben recht, Madame. Ich habe die Gräfin von Gergy tatsächlich vor langer
Zeit in Venedig persönlich kennen gelernt.' Die Pompadour schüttelt
verständnislos ihren Kopf: 'Aber dann müssten Sie ja, nach meiner
Einschätzung, weit über hundert Jahre alt sein?!' Saint-Germain blieb
ungerührt. Schmunzelnd meinte er nur: 'Das scheint mir nicht unmöglich zu
sein aber wie ich gerne gestehe, scheint es doch weit wahrscheinlicher, dass
die verehrte Dame Unsinniges vermutet und sich geirrt haben könnte.' Madame
de Pompadour ließ nicht mehr locker. |
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23 |
lubomirska |
Jetzt war sie bei
ihrem eigentlichen Thema. Ungeachtet der ungeklärten Altersfrage hob sie
neuerlich an: 'Aber die Gräfin Gergy erzählte mir auch etwas von einem
Elixier, das Sie besäßen, und das Sie ihr damals verehrt hätten. Dieses
Elixier sei, so gestand sie mir ein, von wunderbarer Wirkung gewesen und
hätte sie, nachdem sie es konsumiert hatte, lange Zeit aussehen lassen, als
wäre sie nicht älter als vierundzwanzig Jahre...' Das nunmehrige Schweigen
ihres Gastes deutete die Pompadour als Bestätigung des Berichtes der Gräfin.
Deshalb setzte sie fort: 'Warum verehren Sie nicht auch dem König eine
Kostprobe Ihres verjüngenden Elixiers?' Der Graf machte ein bekümmertes
Gesicht. 'Ach, Madame', meinte er abwehrend, 'wenn ich mich von Ihnen
überreden ließe, dem Regenten Frankreichs eine mir unbekannte Arznei zu
überlassen, dann müsste ich ja lebensmüde oder wahnsinnig sein.' Aber
Saint-Germains Gastgeberin ließ nun nicht mehr locker, und schließlich gelang
es ihr, des Elixiers teilhaftig zu werden. |
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24 |
genes |
Der Graf
überreichte ihr ein Kristallfläschchen mit einer köstlich duftenden
rosafarbenen Flüssigkeit. 'Zwei Tropfen täglich genügen, teure Marquise',
schmeichelte ihr Saint-Germain mit gekonntem Charme. 'So werdet Ihr Eure
jugendliche Schönheit beibehalten.' Gierig nach Schätzen Was für Madame de
Pompadour das 'Lebenselixier' Saint-Germains gewesen war, bedeutete für ihren
königlichen Liebhaber die unstillbare Sehnsucht nach Reichtum und Macht.
Ludwig XV. hatte, nachdem der Graf seiner Mätresse die Aufwartung gemacht
hatte, auch von dem Gerücht vernommen, der aristokratische Besucher sei als
hervorragender Alchimist ebenso imstande, nach Belieben jede Menge von
Edelsteinen herzustellen. Das ermunterte Frankreichs Herrscher, diesen (im
Volksmund längst als 'Wundermann' hoch gelobten) Alleskönner gleichfalls zur
Audienz nach Versailles zu bitten, um sich diese Kunstfertigkeit von dem
Betreffenden selbst persönlich bestätigen zu lassen. |
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25 |
janik, |
Saint-Germain wußte
von Ludwigs Gier nach Schätzen und gedachte, diese Chance für sich zu nutzen.
Als er vor dem König erschien, und dieser ihm, scheinbar großzügig, auf
Anhieb eine pompöse Behausung sowie festen Sold für dessen Entgegenkommen in
Aussicht stellte, ihm bei der Vermehrung seines Vermögens behilflich zu sein,
wies der Graf Ludwigs Ansinnen mit großer Geste zurück: 'Ich brauche weder
Schloss noch Sold', beschied er seinem verblüfften Gastgeber 'denn ich bringe
alles, was ich für meine Tätigkeit zu Gunsten Eurer Majestät benötige, selber
mit: eine Schar Dienstboten und genügend Geld, um mir selbst ein Haus zu
mieten.' Bei diesen großsprecherisch klingenden Worten griff Saint-Germain
gleichzeitig in seine kunstvoll bestickte Tasche, um daraus im nächsten
Augenblick eine Handvoll ungefasster Brillanten hervorzuholen und, wie
beiläufig, auf das Ziertischchen in dem luxuriös ausgestatteten Empfangsraum
in Versailles zu streuen. 'Hier sind einige Diamanten, die ich mir nunmehr
gestatte, Eurer Majestät zum Geschenk zu machen. Ich habe sie eigenhändig
hergestellt.' Ludwigs Ehrengast hatte den Charakter seines Audienzgebers
richtig eingeschätzt. In den Augen Ludwigs glitzerte die Habgier, und er
zögerte keinen Augenblick, Saint-Germains Einstandsgeschenk 'großzügig'
anzunehmen. |
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26 |
claude
louis |
Der Graf hatte sich
damit am Hofe des Königs sowohl bei diesem als auch bei dessen bevorzugter
'Nebenfrau', Madame de Pompadour, mit den richtigen Gaben eingestellt. In der
Folge avancierte er zum Ärger dort tätiger anderer hochgestellter
Persönlichkeiten, etwa des Außenministers Herzog von Choiseul, der später
auch gegen ihn integrierte zum unentbehrlichen Günstling bzw. Geheimkurier
der französischen Krone. Saint-Germain war danach fast ständig kreuz und quer
in Europa unterwegs und leistete als befähigter Diplomat Ludwig XV. und der
Pompadour gute Dienste. Ein ungewöhnlicher Briefwechsel Einer, der im
Frankreich des 18. Jahrhunderts ebenfalls hohes Ansehen in den adeligen
Kreisen genoss, war der Dichter und Philosoph Frantois Marie Arouet besser
bekannt unter seinem Künstlernamen Voltaire. |
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27 |
tesla |
Auch dieser kluge
Mann machte bald die persönliche Bekanntschaft des Grafen von Saint-Germain
und stand mit diesem in späterer Folge in intensivem Briefwechsel. Leider ist
uns aus dieser Korrespondenz nur ein einziges Schreiben nämlich das
vermutlich letzte, das Voltaire an seinen gräflichen Freund adressiert hatte
erhalten geblieben. Doch dieses allein ist schon wert, näher in Augenschein
genommen zu werden. Voltaires Brief stammt vom 6. Juni 1761 und stellt
unzweideutig die Reaktion des Dichters auf ein vorausgegangenes Schreiben
Saint-Germains dar. Was die Zeilen so brisant macht, die damals an den Grafen
gerichtet worden waren, ist der Umstand, dass jener dem mit ihm befreundeten
Philosophen gewisse Prophezeiungen offen legte, die eine noch weit in der
Zukunft liegende Zeit betrafen, von der der Graf von Saint-Germain eigentlich
noch nichts wissen konnte. Es sei denn, er hätte auf irgendeine Weise die
Möglichkeit wahrzunehmen gewusst, kommende Ereignisse vorauszusehen. Oder
vielleicht sogar aus eigener Ansicht persönlich mitzuerleben! 'Ich beantworte
Ihren Brief, Monsieur, den Sie mir im April geschrieben haben, worin Sie
schreckliche Geheimnisse offenbaren, einschließlich des schlimmsten aller
Geheimnisse, das es für einen alten Mann wie mich geben kann: die Stunde des
Todes. Danke, Germain, Ihre lange Reise durch die Zeit wird von meiner
Freundschaft für Sie erhellt werden, bis zum Moment, wenn sich Ihre
Offenbarungen um die Mitte des 20. Jahrhunderts erfüllen werden.' |
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28 |
enigmatic |
Drei Hinweise
lassen uns nun hierbei aufhorchen: Jener auf die offensichtlich
prognostizierte Todesstunde Voltaires, von der Saint-Germain anscheinend
wusste und sie dem Dichterfreund mitgeteilt hatte. Die Andeutung Voltaires,
wonach Saint-Germain eine 'lange Reise durch die Zeit' getätigt zu haben
schien, und schließlich des Philosophen Bestätigung gewisser 'Offenbarungen'
seines adeligen Briefpartners, die sich angeblich um 'die Mitte des 20.
Jahrhunderts' (also etwa in den fünfziger Jahren) erfüllen würden. Worum es
sich dabei konkret gehandelt haben dürfte, geht aus den Andeutungen Voltaires
leider nicht hervor, doch erwähnt er zum Ende seines Schreibens zwei
Errungenschaften, an welche zu seiner Zeit, Mitte des 18. Jahrhunderts, nicht
einmal im Traum zu denken war. Heißt es doch in dem bewussten Brief ganz
eindeutig: 'Die sprechenden Bilder sind ein Geschenk für die mir noch
verbleibende Zeit, darüber hinaus könnte doch Euer wunderbares mechanisches
Fluggerät Euch zu mir zurückführen...' Mit 'Adieu, mein Freund' und der
Unterschrift des Schreibers: 'Voltaire, Edelmann des Königs', schließt jener
sonderbare Brief des französischen Dichterfürsten an den Grafen von
Saint-Germain. |
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29 |
vencelik |
Welche
Möglichkeiten standen Letzterem zur Verfügung, um derartige, inzwischen
tatsächlich eingetretene Entwicklungen im technischen Fortschritt der
Menschheit vorhersehen zu können? Besaß der Graf mediale Einblicke in die
geheimnisvolle 'Akasha-Chronik'? Jenes rätselhafte Gebilde, das in legendärer
Überlieferung aus dem indischen Raum angeblich unseren Planeten unsichtbar
umgeben soll und, gleich einem Videoband oder hochentwickelten Computer, in
der Lage ist, alle Energie (somit sämtliche Geschehnisse, die es auf dieser
Welt jemals gegeben hat und noch geben wird) aufzufangen und bis auf Abruf in
sich zu 'speichern' bzw. aufzuzeichnen? |
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30 |
wiki |
Ähnlich bestimmter
menschlicher Schicksalsverläufe, wie sie beispiels- weise in Indiens aus
alter Zeit stammenden 'Palmblatt-Bibliotheken' wiedergegeben werden, und wo
auch die jeweiligen Todesstunden der davon betroffenen Menschen vermerkt
sind! War Saint-Germain, so phantastisch es uns heute auch scheinen mag,
womöglich ein Zeitreisender? War oder ist er nach Gutdünken imstande,
beliebig oft die Jahrhunderte, vielleicht sogar die Jahrtausende zu
überbrücken? Bestätigt sich, anhand Voltaires Andeutungen, unser Verdacht,
dem Grafen unter Umständen heute noch begegnen zu können? War er jener
'Montsalveri' im 17. Jahrhundert ebenso wie jener unbekannt gebliebene
Zivilist an der Vogesenfront Anfang des 20. Jahrhunderts, dem der aus Bayern
stammende Schreinermeister Andreas Rill begegnete? |
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31 |
marquise
d urfé |
Und müssen wir
letztlich auch die Behauptung jenes 25jährigen Franzosen akzeptieren, der
zwar unter seinem bürgerlichen Namen Richard Chanfray im Pariser Fernsehen in
Erscheinung trat, dort Blei in Gold verwandelte und sich zum krönenden
Abschluss seiner alchimistischen Darbietungen als angeblicher Graf von
Saint-Germain 'outete'? Was hatte es mit dem (laut Voltaire schriftlich
bestätigten) 'mechanischen Fluggerät' des Grafen auf sich, von dem der greise
Dichter annahm, dass Saint-Germain damit zu ihm zurückkehren könnte? Und was
mit den ihm zum Geschenk gemachten 'sprechenden Bildern'? Worum könnte es
sich dabei gehandelt haben? Es war im übrigen nicht die einzige Prophezeiung,
die der Graf von Saint-Germain seinem Jahrhundert hinterließ. |
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32 |
pompadour
1 |
Als er gegen Ende
des 18. Jahrhunderts (etwa um 1788 ) zum zweiten Mal der
österreichisch-ungarischen Monarchie und zwar deren Hauptstadt Wien seine
Aufwartung machte (wobei er verschiedene alchimistische Gesinnungsfreunde
größtenteils Freimaurer bzw. Rosenkreuzer besuchte), verkündete er ihnen zum
Abschied folgende etwas kryptisch klingende Vorhersage: 'Ich scheide.
Enthalten Sie sich, mich zu suchen. Einmal werden Sie mich noch sehen. Morgen
Nacht reise ich; man bedarf meiner in Constantinopel, dann England, wo ich
zwey Erfindungen vorzubereiten habe, die Sie im nächsten Jahrhundert haben
werden: Eisenbahnen und Dampfschiffe. In Deutschland wird man deren bedürfen,
denn die Jahreszeiten werden allmählich ausbleiben. Zuerst der Frühling, dann
der Sommer. Es ist das stufenweise Aufhören der Zeit selber, als die
Ankündigung des Unterganges der Welt. Ich sehe alles. Die Astronomen und
Meteorologen wissen nichts, glauben Sie mir. Gegen Schluss des Jahrhunderts
[gemeint war das 18.] verschwinde ich aus Europa und begebe mich in die
Region des Himalaya. Ich muss rasten, mich ausruhen. Aber in einigen
Jahrzehnten werde ich wieder von mir hören lassen...' Diese Worte finden sich
vollinhaltlich in den so genannten 'Kleinen Wiener Memoiren', die der
Okkultist Franz Gräffer im Jahre 1845 veröffentlichte. Lösen sie das Rätsel
um den Grafen von Saint-Germain? |
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33 |
peintures |
Der Graf von Saint
Germain |
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34 |
st
germain |
Der 'Wundermann'
Europas |
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35 |
23
and me |
Kennen Sie den
Grafen von Saint Germain? Nein? |
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36 |
hesse |
Dann ist Ihnen eine
der bedeutendsten Figuren der |
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37 |
conde |
Geschichte
entgangen. Vielen gilt er heute noch als |
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38 |
immortel |
eigentlicher
Architekt eines Vereinigten Europas, |
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graf.htm |
und sein
abenteuerliches, sagenumwobenes Leben im |
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18. Jahrhundert
beschäftigt bis heute die Gemüter |
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all jener, die
beteuern, er müsse ein 'Meister' |
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gewesen sein. |
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Gemeinhin sucht
einer, der die Weltbühne betritt, um verändernd einzugreifen, auch den
Applaus. Den Applaus der Massen, den Applaus der Elite oder den Applaus der
Geschichte. |
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Durch das 18.
Jahrhundert jedoch ritt eine Gestalt, die sich unzähliger Masken bediente, um
unerkannt das tun zu können, was Gebot der Zeit war: Das zerstrittene Europa
zu einen und unter einem Baldachin des Friedens zu vereinen. Nicht weniger
als 30 Pseudonyme gab er sich, und auch der Name, unter dem er Eingeweihten
bekannt ist, ist nicht sein richtiger: Comte de Saint Germain. |
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Wer war dieser
seltsame Mann, der da aus dein Dunkel der Geschichte auftaucht, für Minuten
nur und dann wieder verschwindet? Dessen Spuren so flüchtig und doch so
vielbedeutend sind, daß er noch heute die Köpfe der Leute verwirrt - wie
jenen des Schriftstellers Umberto Eco, der ihn als Rätselgestalt in seinem
,Foucaultschen Pendel" pervertiert? Über den Voltaire am 15. April 1760
in Preußen an den König schrieb: „Man sagt, daß das Geheimnis des Friedens
nur von einem gewissen Herrn von Saint Germain gekannt werde, welcher ehemals
mit den Vätern des Konzils soupiert habe. Er ist ein Mann, welcher gar nicht
stirbt und alles weiß!" - und den der österreichische Graf Philipp
Cobenzl am 25. Juni 1763 so beschrieb: „Er ist Dichter, Musiker, Schriftsteller,
Arzt, Physiker, Chemiker, Mechaniker und ein gründlicher Kenner der Malerei.
Kurz, er hat eine universelle Bildung, wie ich sie noch bei keinem Menschen
fand." |
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Seine Anhänger- und
ihre Zahl wächst heute stetig - nennen ihn den 'Meister von Europa', dessen
Bestreben es gewesen war (und immer noch ist), die einst zerstrittenen Völker
Europas unter einem Baldachin zu vereinigen. Nun, als Adept, der er war, lag
sein Horizont in weiteren Zeitfernen als der unsrig. Waren nicht so
zerstörerische Kriege wie jene unseres Jahrhunderts absehbar, wenn
zunehmender Nationalismus von den Finanzmagnaten geschürt und schließlich
entzündet wurde? Dieser Weltenbrand als Katalysator des neuen,
heraufziehenden Wassermann-Zeitalters? Wären damals die Europäer Brüder
geworden und hätten sie sich stärker aufs Geistige besonnen - die Kämpfe, die
eine neue Schwingung, ein neues Zeitalter immer begleiten, hätten sich bloß
auf der Mentalebene abspielen, sich in Disputen ausdrücken können. |
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statt ein solch
grausames Blutopfer zu fordern. |
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Die Idee eines
europäischen Staatenbundes war nicht erst seit Saint Germains Auftauchen
aktuell. Schon die Tempelritter hatten sie gehegt - und ihr Ansinnen war es
gewesen, Europa unter einem König zu vereinigen, der das Blut Jesu in sich
trug, der direkt vom Hause David abstammte, und deren Nachfahren noch heute
in einigen europäischen Fürstenhäusern, u.a. den Habsburg-Lothringern zu
finden sind. Der große französische König Heinrich IV. von Navarra wollte die
Großmächte in einem europäischen Völkerbund vereinigen, der 'Allgemeine
Christliche Republik' hätte heissen sollen, und dem auch das Riesenreich
Rußland angehört hätte. Die Allianz hätte insgesamt 15 Staaten gezählt, und
als Institutionen hatte Heinrich IV. ('Henri Quatre', 1553-1610) ein Europa-Parlament
und ein Friedensgericht vorgesehen. |
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Das 18.
Jahrhundert, in dem Saint Germain sich bewegte, wurde beherrscht von
absolutistischen Königshäusern, die mehr in nationalistischem Denken gefangen
waren denn je. Der spanisch-österreichische Erbfolgekrieg war wohl mit dem
Frieden von Utrecht beendet, hatte aber kleinere und größere Veränderungen
nach sich gezogen. Im Norden Italiens residierte das Herzogshaus Savoyen in
Turin. Fünf Jahre waren jene Könige von Neapel-Sizilien, dann nahm man ihnen
die Krone wieder und bot ihnen stattdessen Sardinien an. Frankreich wurde vom
schwachen Louis XV. regiert, der unwissentlich den Boden für die Französische
Revolution bereitete, und der Osten Europas war geprägt von den
polnischsächsischen Erbstreitangelegenheiten. Frankreich, England,
Großbritannien und Preußen fochten in der Mitte jenes Jahrhunderts den
Siebenjährigen Krieg aus, und in Rußland hatte sich Katharina auf den
Zarenthron gesetzt. Nun gab es also nicht nur, 'Friedrich den Großen',
sondern auch eine, große Zarin. Nicht zu vergessen auch der Vatikan mit
seinen 'Kaisern der Kirche'. Alle immer wieder im Streit miteinander, das
große Taktieren, Allianzen so brüchig wie tauendes Eis. Bestimmt wäre es
leichter gewesen, eine Schar Kampfhunde friedlich zu vereinigen, als diese
widerborstigen, machtverliebten, verschlagenen Könige und Kaiser(innen). |
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Das 18. Jahrhundert
war eines des Pomps mit seinem überbordenden Rokoko, aber auch eines, in dem
sich wie lange nicht mehr Magie und Philosophie, Politik und Religion
vermengten. Das sogenannte Zeitalter der Aufklärung war keineswegs so
nüchtern, wie wir es uns vorstellen, und auch längst nicht so skeptisch, wie
es vielleicht von Gutem gewesen wäre. Die Zahl okkulter Veröffentlichungen
nahm nicht ab, sondern zu. Geheimgesellschaften wucherten, und Magische
Heilungen, Alchemie, Wünschelruten, Physiognomik und mystische Sekten wurden
zum Tagesgespräch. Die Baronesse von Oberkirch schreibt in ihren Memoiren:
„Nie hat es mehr Rosenkreuzer, mehr Adepten, mehr Propheten gegeben; nie ist
ihnen mit größerer Leichtgläubigkeit zugehört worden als heute." |
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Alles war
Schauspiel, alles wurde auf der Bühne der Eitelkeiten beklatscht oder verfemt
-begreiflich, denn nur adlige Verzückung garantierte in der Regel für weitere
Forschungsgelder. Benjamin Franklin führte seine Entdeckungen zur
Unterhaltung seiner Gäste während eines 'elektrischen Abends' vor, die Brüder
Montgolfier schmückten ihre höchst gefährliche Maschine', den Luftballon, mit
den Initialen Ludwigs XV, um die furchtsamen Zuschauer zu beruhigen, und so
erstaunt es nicht, daß der Graf von Saint Germain unter anderem deshalb bei
der adligen Damenwelt ein gerngesehener Gast war, weil er in seinem
Alchemisten-Labor ein Wasser zur Verjüngung entwickelt hatte. |
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Phantastisch, ja
unglaublich sind denn auch die Dinge, die man über ihn herumerzählte.
Friedrich der Große selbst nannte ihn den Mann, der nicht sterben konnte; die
Gräfin Gergy rief aus, als sie ihn in Versailles sah: „ Vor fünfzig Jahren
war ich Gesandtin in Venedig. Ich erinnere mich, Sie dort gesehen zu haben.
Sie sahen genau so aus wie heute, wenn auch vielleicht etwas reifer, denn Sie
sindjünger geworden!" Der Komponist Rameau (1683-1764) wollte sich
erinnern, Saint Germain im Jahre 1701 gesehen und ihn auf um die 50 geschätzt
zu haben - etwas älter, als er im Jahre 1743 der Wiederbegegnung wirkte. |
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Der Graf solle
selbst in vertraulichem Ton von einer Unterhaltung mit der Königin von Saba
berichtet haben - so als ob es gestern gewesen wäre, oder von den wunderbaren
Ereignissen bei der Hochzeit von Kanaan. Er kannte die Klatschereien am Hofe
von Babylon, Geschichten, die Jahrtausende zurücklagen und die doch in so
seltsamer Weise den Geschichten am französischen Hofe ähnelten, daß er die
ganze Versailler Welt damit bestrickte. Es hieß, er könne sich unsichtbar
machen und wieder auftreten, wo er wolle, und er selbst hatte einmal dem
Freiherrn von Alvensleben bekannt: „Ich halte die Natur in meinen Händen, und
wie Gott die Welt geschaffen hat, kann auch ich alles, was ich will, aus dem
Nichts hervorzaubern." |
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Eine der
phantastischen Geschichten über den Comte de Saint Germain erzählt, wie ein
Skeptiker den Diener Roger des Grafen angesprochen habe: „Dein Herr ist ein
Lügner", und Roger treuherzig antwortete: „Ich weiß das besser als Sie:
Er erzählt jedermann, daß er viertausend Jahre alt ist. Aber ich bin erst
hundert Jahre in seinen Diensten, und als ich zu ihm kam, sagte mir der Graf,
daß er dreitausend Jahre alt sei. Ob er irrtümlich neunhundert Jahre
hinzugefügt hat oder ob er lügt, kann ich nicht sagen." |
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Daß jener Mann, der
als 'Algarotti', 'Welldone', 'Gua de Malva' oder 'Solar' von Fürsten- zu
Königshöfen reiste über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügte, bezweifelt
keiner seiner Zeitgenossen. So war verbürgt, daß er einer der
hervorragendsten Alchemisten der Geschichte war, daß er Gold herstellen,
Diamanten veredeln konnte und auch das Lebenselixier gefunden habe. |
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Auch seine
Eßgewohnheiten waren für die Menschen des 18. Jahrhunderts schwer verdaulich.
Der sächsische Gesandte Kauderbach schrieb am 14. März 1760 an den Dresdener
Minister Wackerbarth: „Saint Germain sieht aus wie ein kräftiger
Fünfundvierziger (ist er 1696 geboren, wäre er da schon 64 Jahre alt gewesen,
die Red.), aber er selbst gibt zu verstehen, daß er kein Fleisch ißt, nur
etwas Hühnerfleisch, Fisch und Gemüse. Wenn es mir gelingt, ihm sein
Geheimnis, lange zu leben, zu entlocken, so werde ich es dem König (August
III. von Polen Kurfürst von Sachsen) nicht verschweigen. Saint Germain kennt
die schönsten Geheimnisse der Natur und weiß Ungläubige zu bekehren oder zu
überzeugen." Schwer verständlich auch vieles sonst an seinem Wesen: „Um
Reichtum und irdische Größe kümmert er sich nicht, es genügt ihm, wenn er den
Titel,Bürger des Staates' beanspruchen darf. Auch besprach er das Schicksal
Frankreichs. Der Ursprung des Übelstandes ist die Schwachheit des Fürsten und
die Uneinigkeit am Hofe: vom König bis zur Hanswursterei. Es geschieht also
bisweilen, daß er unvorsichtig in seinen Ausdrücken ist. Die Holländer sind
gut, aber zu schwerfällig, als daß sie seine Manieren verstünden. Es steht
fest, daß in diesem Augenblick wichtige Unterhandlungen geführt werden." |
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Was indes die
phantastischen Geschichten anging - zum Beispiel auch, als er über die
heilige Familie berichtete, als ob er selbst zugegen gewesen wäre - nun, das
sprengte das Erklärungsvermögen seiner Zeitgenossen. |
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Daß er tatsächlich
4000 Jahre ohne Unterbruch gelebt hat, darf zu Recht bezweifelt werden. Doch
wie sieht die Sache aus, wenn man den Tod als das erkennt, was er ist - als
bloßes Hinüberwechseln auf andere Seinsebenen? Wenn man um die Tatsache der
Reinkarnation weiß, dann ist nicht mehr verwunderlich, aus welchen Zeiten er
berichten konnte: Einem Adepten wären bestimmt seine früheren Verkörperungen
wie ein offenes Buch vor sich gelegen; einem weit fortgeschrittenen Adepten,
einem, vielleicht, der sich sogar 'Meister' nennen durfte, wäre es auch ein
leichtes gewesen, in der Akasha-Chronik (der Aufzeichnungen aller
Geschehnisse auf Erden) zu lesen. |
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War er ein Meister?
In seinem ganzen Leben läßt sich nichts entdecken, was einen Schatten auf
sein Wesen werfen könnte. Er galt als lebhaft, dabei stets freundlich und
diplomatisch, und er besaß ein Universalwissen und -können, verbunden mit
einem wohltemperierten, reinen Charakter, der ihn zum idealen Menschenbild
fürs kommende Zeitalter machen könnte. „In jeder Lebenslage beherrscht er
sein Ich", schreibt Irene Tetzlaff im Buch ,Unter den Flügeln des
Phönix'. Er sprach Griechisch, Lateinisch, Sanskrit, Arabisch, Französisch,
Deutsch, Englisch, Italienisch, Portugiesisch und Spanisch. Er war ein
begabter Maler, ein Virtuose auf Cembalo und Geige, gab in London öffentliche
Konzerte, schrieb unter dem Pseudonym ,Giovanni' eine Oper (,L'inconstanzadelusa'),
Lieder, Arien und Soli für Geigen. Daß er dabei keineswegs ein Dilettant war,
läßt sich an der Aussage ablesen, die Max Graf von Lamberg (1729-92) in 'Le
Memorial d'un Mondain' machte: „Der Mann besitzt tausend Talente; er spielt
z.B. vorzüglich Geige und die Zuhörer glauben, fünf Instrumente zugleich zu
hören; als Italiener Giovanni, Zeitgenosse von Graun, Telemann und Bach,
komponierte er Lieder, sang sie und akkompagnierte sich selbst." (Berlin
1740). |
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Biblische
Ereignisse rief er vor Anhängern mystischer Zirkel gegenwartsnah zurück, und
auch seine Geschichts- und Geographie-Kenntnisse waren universal. Sein
chemisches Wissen überragte das aller Zeitgenossen. Seine Herkunft allerdings
lag im Dunkeln, und bis heute ist es niemandem gelungen, diese schlüssig zu
erhellen. |
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Eine Hypothese
besagt, er sei der erstgeborene Sohn des ungarischen Fürsten Franz II.
Rakoczy gewesen und am 28. Mai 1696 in Klausenburg (Cluj) in Siebenbürgen
geboren. Seine Mutter war Charlotte Amalie, Tochter des Landgrafen Karl von
Hessen-Rheinfels-St.Goar-Wanfried. Im Alter von vier Jahren und drei Monaten
,starb' Leopold Georg, so sein Name. Allerdings bloß offiziell, da sonst sein
Leben wirklich gefährdet gewesen wäre. Sein Vater war der Anführer der
ungarischen Freiheitsbewegung gegen den Thron der Habsburger in Wien. Freunde
seines Vaters rieten ihm, den Erstgeborenen außer Gefechtsweite zu bringen,
und so soll der kleine Leopold in Florenz bei Giangastone dei Medici, dem
letzten des großen Geschlechts, einem mütterlichen Anverwandten, Unterschlupf
gefunden haben. Das Kind, da namenlos, erst einfach ,Bambino' (Knabe)
genannt, entwickelte sich zur Freude aller, entpuppte sich als
außergewöhnlich begabt und sog alles Wissen auf, dessen es habhaft werden
konnte. |
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Als die Zeit der
Firmung kam, soll der Medici den Jungen gefragt haben, welchen Namen er denn
tragen wolle.,Germanus' solle die schnelle Antwort gelautet haben, nach dem
Städtchen San Germano am Fuße des Monte Cassino, einer alten
Benediktiner-Abtei, die Bambino oft mit seinem väterlichen Freund aufgesucht
hatte. Dann habe er sich korrigiert - ,San Germano' solle sein Name sein. In
dem Namen liege Geschichtsbedeutung, habe ,Bambino' geäußert. Der Medici riet
ihm zur französischen Form: Saint Germain -'Heiliger Germane'. |
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Später, erzählt
diese Geschichte des jungen Saint Germain, habe er kurze Zeit in Siena
studiert, wo es ihm aber bald zu eng geworderen sei -besonders, als er von
einem sienesischen Goldschmied in die hermetische Kunst der Alchemie
eingeweiht worden war. In Piombino stieg er auf ein Schiff, das ihn nach
Mittelamerika brachte, arbeitete in Mexiko auf Plantagen, kam zurück nach
Lissabon, fand dort - oh Wunder! - ein ansehnliches Vermögen vor, das auf
seinen Namen deponiert worden war und einen Brief seines längst aus
Siebenbürgen vertriebenen, einsamen Vaters, der im türkischen Rodosto ein
Exil gefunden hatte. Auf der Schiffsreise dorthin machte er die Bekanntschaft
eines Gelehrten, von dem er viel später sagen sollte: „Ich hatte das Glück,
auf meinem Wege einem weisen Manne zu begegnen, welcher mich die Natur und
Gottes verborgene Geheimnisse kennen lehrte. (...) Ein natürlicher Drang zu
Weltweisheit, Theologie und Naturgesetzen erwachte in meinem Innern." |
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Mehr noch erfuhr er
von jenem geheimnisvollen Manne: Von Orden und Sekten, die geheim wirkten,
von verschwiegenen Zirkeln der Alchemisten und Rosenkreuzer, die damals
gerade im Nahen Osten sehr aktiv waren. |
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Sein Vater schickte
ihn mit einer persönlichen Botschaft zum Sultan des Osmanischen Reichs. Saint
Germain fand wärmste Aufnahme, fühlte sich gleich wohl im höfischen Milieu,
in dem er Zeit seines Lebens verkehren sollte. Der Orient bot ihm noch weit
mehr: Einblicke in die Kunst des Färbens, der Heilkraft orientalischer
Pflanzen, der Formeln mittelalterlicher Alchemisten und der heimtückischen
Gifte Asiens. Auf dem Gebiet der Farben und der Methoden des Färbens von
Seide, Baumwolle, Wolle und Leder entwickelte der Chemiker Saint Germain
später viele Verbesserungen und Neuerungen, die jenem Wirtschaftszweig zugute
kommen sollten. Hier nahm er auch die Spur auf, die ihn schließlich sein
'Jungborn'-Wasser, das 'Aqua benedetta', ein Schönheitswässerchen für
verlängerte Jugend, herstellen ließ, welches besonders unter den Damen
Frankreichs sehr begehrt war. |
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So also die
(re-?)konstruierte Jugendgeschichte des Grafen von Saint Germain, wie seriöse
Forscher sie vorgefunden haben wollen. Allein, ob sie wirklich so verlaufen
ist, kann niemand sagen, und auch hier gibt es Gegenstimmen - zum Beispiel
den erwähnten Rameau, der behauptete, 1701 einen etwa 50jährigen Saint
Germain getroffen zu haben. Wohl möglich, daß er einem Irrtum unterlag.
Andere 'Eingeweihte' bringen vor, Saint Germain sei in seinem Vorleben der
englische Lordkanzler und Philosoph Sir Francis Bacon gewesen. Dieser sei -
anders als die offizielle Historie vermerkte - niemals wirklich gestorben,
sondern nach Indien gegangen und habe sich dort die Meisterschaft erworben,
um dann später als jener Reisende in Friedenssachen zurückzukommen, den wir als
Saint Germain zu kennen glauben. Dies würde erklären, warum er immer gleich
jung aussah, und warum er sagen konnte, er könne alle Dinge aus dem Nichts
erschaffen - Meisterschaft bedeutet eben auch die Be-Meisterung aller
Energien, also auch der Materie. Einem Meister bereitet es keine Mühe, zu
präzipitieren und zu materialisieren, da ja alle Materie bloß verdichtete
Geistesenergie ist. |
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Wie auch immer, für
die Aufgabe, die ihm bevorstand, und die er - zu unser aller Leidwesen -nicht
vollenden konnte, wie es dem göttlichen Willen entsprochen hätte, brauchte es
beinahe übermenschliche Qualitäten. In einer Zeit, wo die
Durchschnittsmenschen kaum reisten, also der Bewohner des angrenzenden
Fürstentums schon ein Fremdling war, wo jeder kleine Fleck seine eigenen
Gesetze, sein eigenes Münzwesen hatte, wo die Menschen sich nicht nur
geographisch, sondern auch standesmäßig sehr als un-eins empfanden, hatte er
sich vorgenommen, den Gedanken der Einheit, der Gleichheit und der
Brüderlichkeit unter dem Banner wirklicher Freiheit zu verbreiten. |
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„Libeite, Egalite,
Fraternite" - Begriffe, denen auch Saint Germain sich verschrieben
hatte. Daß sie dann aufs Banner einer blutigen Revolution geschrieben wurden,
die alles, was Frankreich groß gemacht hatte, in den Abgrund riß - einer
Revolution zudem, die Saint Germain zu verhindern versucht hatte - das gehört
zur Tragik des angehörten Weisen von Europa. |
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Von außen
betrachtet war Saint Germain einfach ein raffinierter, wenn nicht gar
schlauer Edelmann, vornehm, stets teuer gekleidet, offenbar unerschöpflich
reich, der an diesem oder jenem Hofe auftauchte, musizierte, Konversation
machte, die Damen mit neuesten wunderbaren Stoffen entzückte und mit
Kosmetika, mit Fürsten Gespräche hinter verschlossenen Türen führte, um dann
wieder aufzubrechen an einen anderen Hof. Näher in den Fokus genommen, fiel
immerhin auf, daß er sich vieler Tarnnamen bedienen mußte, verfolgt wurde von
fürstlichen und königlichen Agenten, seine Tage gern in alchemischen Labors
verbrachte und sich jeder Anbindung an ein Land im Hauptquartier des Königs
von Preußen ein Geheimagent, der sich wohl 'Baron de La Marche Couronne'
nannte, der aber unverkennbar Saint Germain war. Friedrich II. gewährte ihm
ohne Zögern Audienz. Nach der Unterredung soll der König sehr nachdenklich
gewesen sein. Zehn Tage später schrieb er einen vertraulichen Brief an Georg
II. von England, den Bundesgenossen Preußens, in welchem er seine
Bereitschaft zur Eröffnung eines Friedenskongresses in Holland ausdrückte.
Frankreich, England, Preußen und Österreich bekämpften sich im Siebenjährigen
Krieg (1756-1763), und Saint Germain reiste in Sachen Frieden von Hof zu Hof.
Am 17. Februar 1760 schreibt Friedrich II. von Preußen an Solar (einer der
Namen von Saint Germain, unter dem er auch als Gesandter des Königs von
Sardinien auftrat): „Ihrehrwürdiger Charakter ist mir sympathisch. Sie sind
der geeignete Mann, meine Worte dem König von Frankreich zu sagen, daß
Frankreich seinen Frieden mache mit Preußen und England." |
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Der König von
Frankreich, Ludwig XV, steckte derweil in argen innenpolitischen
Schwierigkeiten. Unglückliche Finanzoperationen hatten die Kassen gelehrt,
und der Unwille der Volkes wurde stetig größer. Ein Staatskredit mußte her,
und beschaffen sollte ihn der Graf von Saint Germain. Da die Verschuldung
aber immens war, war abzusehen, daß die Darlehensgeber Sicherheiten
forderten. Saint Germain sollte bitte seine alchemistischen Kenntnisse in die
Tat umsetzen und wundervolle, kostbare künstliche Diamanten herstellen. Das
Ansinnen des Königs bereitete Saint Germain schlaflose Nächte. Doch
schließlich mußte er dem Souverän Gehorsam leisten. So reiste denn
Anfang" des Jahres 1760 Saint Germain nach Holland - erstens, um 30
Millionen für Louis XV. zu beschaffen, zweitens, um Friedensanbahnungen in
den Botschaften Den Haags zu treffen. Diesen Auftrag hatte er geheim vom
Kriegsminister Marschall Belle-Isle erhalten. Im Haag bespricht sich Saint
Germain mit den Gesandten Englands und Preußens. Die Amsterdamer Kaufherren
und Bankiers zeigten sich bereit, Frankreich vor dem Staatsbankrott zu
retten. Dann bekommt der Duc de Choiseul Wind von den Aktivitäten des Grafen.
Ihm, dem habsburgfreundlichen französischen Minister für Auswärtiges, hatte
man bewußt Saint Germains politische Mission in Holland unterschlagen. Er gab
Befehl, Saint Germain zu verhaften und an Frankreich auszuliefern. Und Louis
XV., König ohne Rückgrat, setzte sich mit keinem Wort für seinen Retter, der
ihn nicht nur aus Finanznöten befreite, sondern ihm zweimal nach
Giftanschlägen das Leben gerettet hatte, ein. Nach einigem diplomatischem
Wirbel wurde Saint Germain tatsächlich verhaftet, auf eigene Protestation hin
jedoch wieder aus der Haft entlassen. Er hatte sich wirklich nichts vorzuwerfen.
Da Choiseul aber neuerlich auf ihn angesetzt hatte, empfahl es sich, sehr
dringlich nach England zu reisen. Das politische Ränkespiel erreichte ihn
schließlich auch auf der britischen Insel - und der englische Staatssekretär
William Pitt Lord Chatham (1708-78) ließ ihn erneut arrestieren. Als sich
indes hohe Persönlichkeiten Englands und anderer Nationen um seine
Freilassung bemühten, wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Mitte Mai 1760
traf er in Rotterdam ein und erzählte dort, daß er während seiner
Gefangenschaft von Mitgliedern des ,Geheimen Rats' konsultiert worden sei.
Die Erfahrungen hätten ihn gelehrt, daß der Friede unter den europäischen
Völkern niemals über eine Verständigung der Fürsten erhofft werden könne.
Eine Zukunftshoffnung läge allein im einheitlichen Streben der Ritterorden
und Logen. Doch bei ihnen müsse auch erst das Dach gebaut sein, unter dem der
'Tempel für die Menschheit' wirksam werden könne. |
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Das weist
daraufhin, daß das eigentliche Wesen, die eigentliche Arbeit des Grafen im
Hintergrund wirkte. Wie er erfahren hatte, war es auf dem blankpolierten
Parkett der Höfe schwierig, eine geistig beseelte Politik durchzusetzen - zu
sehr war da der Souverän auf dem Präsentierteller, zu sehr Opfer der eigenen
Eitelkeit, zu sehr Gefangener diverser Verpflichtungen und Abhängigkeiten. Wo
aber ließ sich am besten eine geistig beseelte Politik zum Wohle aller
vermitteln? In der Verschwiegenheit der Logen, wo andere Gesetze, andere
Hierarchien, andere Abhängigkeiten bestanden als in der Welt da draußen. Der
wichtigste Teil der Mission Saint Germains vollzog sich also
höchstwahrscheinlich in den vielen Orden und Logen, die gerade im 18.
Jahrhundert eine Blütezeit erlebten: Die Malteser-Ritter, die Rosenkreuzer,
die Freimaurer, die Tempelritter. Und gerade da ist es ungeheuer schwer,
abzuschätzen, was vor sich ging. Daß er unter dem Namen Bailli de Solar einen
wichtigen Vertrauensposten bei den römischen Malteser-Rittern einnahm, ist
verbürgt. Auch, daß er immer wieder Kontakte zum Orden der Rosenkreuzer, zu
den Templern und Freimaurern hatte - obwohl da mehrere Forscher sagen, er sei
inspirierend tätig, nicht aber ein Mitglied dieser Orden gewesen. Der mit
Saint Germain bekannte Kammerherr Bischoffwerder äußerte: „Er ist keiner der
Unseren" - und auf genaueres Nachfragen: „Er ist kein Maurer, er ist
auch kein Magus, auch kein Theosoph." Talleyrand wiederum schreibt in
seinen Memoiren, er habe für den naturwissenschaftlichen freimaurerischen
Orden ,Societät Rosecroix' gewirkt. 1740 schon hatte er in den Pariser Logen
den geheimen Tempelgrad eingeführt. Sein Bestreben lag in der Zusammenfügung
der äus-seren Formen und inneren Vereinigung der Freimaurer-, Tempelritter-
und Rosenkreuzer-Ideale, der Riten und Bräuche. Einen ,Tempel der Menschheit'
wollte er errichten, in dem Religionsfreiheit Voraussetzung war - oder, wie
Friedrich II. es in seinem berühmten Ausspruch gesagt hatte: Jeder soll nach
seiner Fasson selig werden können. Wie geschickt der Graf von S aint Germain
gewesen sein mußte, zeigt die Vollmacht, die er - dieser frei denkende und
dabei doch gottergebene Geist-l 775 vom Heiligen Stuhl in Rom bekommen hatte.
Darin hieß es, „Wir, Prior, Kanzler und Raden unseres Heiligen Stuhles,
ermächtigen unseren Abgeordneten in den Provinzen von Deutschland, Dänemark,
Schweden und Polen, unseren treuen Bruder des Heiligen Dienstes, den
liebenswürdigen Theophilus, Ritter des siegreichen Schwanes, um unsere wahre
und sehr alte Religion wiederherzustellen und zu verbinden mit den Logen der
Freimaurer, um das Glück der Menschen zu fördern...". Hatte die
versöhnliche Natur des Grafen den Kardinalen, die den im Jahre 1775
verwaisten Heiligen Stuhl umstanden, eine Alternative zur üblichen
Exkommunikation der Maurer gewiesen? Hofften sie, ihn lediglich als Agenten
benutzen zu können, als Spitzel, um noch besser die Tempel der Maurer
auszumisten? |
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Oder wußten sie
mehr über die Vergangenheit des Grafen? Wie Baron Gleichen in seinen
'Souvenirs' erzählt, kursierten damals in Paris Geschichten über einen
'LordGower' (mit dem unverhohlen die Figur Saint Germains gemeint war), der
im historischen 'Marais du Temple' eine biblische Figur gewesen sein soll,
ein Mann, der zur Zeit Jesu im Heiligen Lande gelebt, und der Jesus Christus,
Maria, Elisabeth und Anna gekannt haben wollte. Diese Geschichten wurden in
den Pariser Salons mit Faszination und ungläubigem Zweifel aufgenommen. |
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„Das Glück der
Menschen zu fördern..." -welch wohlfeiler Wunsch in jenen
schicksalsschweren Jahren des 18. Jahrhunderts, in denen auch der Widergeist
sich organisierte und wie tückisches Gift in die geheimen Bruderschaften
sickerte und sie zu Werkzeugen der dunklen Mächte machte. Sollte ihm Einhalt
geboten werden, mußte die Vereinigung Europas alle Bereiche umfassen: Auch
die geteilte Kirche. Sie wieder zusammenzuführen, war schon eines der
Postulate von Gottfried Wilhelm Leibniz gewesen, dem großen Leipziger Denker
(1646-1716) und wohl hervorragendsten Rosenkreuzer seines Jahrhunderts. |
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1777 arbeitete
Saint Germain für den Vorkongreß der Präfekturen des Rosenkreuzer-Ordens in
Leipzig, der Mitte Oktober stattfinden sollte. Um 1779/80 ersuchte ihn Prinz
Ferdinand von Braunschweig, der Freimaurer-Loge eine Neuregelung ihrer
Gesetze und Geheimhaltung zu erarbeiten. 1782 wurde auf dem Kongreß zu
Wilhelmsbad die Verschmelzung des Templer-Ordens mit den Logen vollzogen.
Saint Germain unterzeichnete sie als 'ChefdeBien'. |
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Saint Germains
Reformpläne, die er in die Logen einfließen ließ, umfaßten alle Bereiche:
Fürstenerziehung, Menschenerziehung, Staatskunst, Diplomatie, Naturlehre,
Technik und Wissenschaft. „In seiner Hellsichtigkeit glaubte er der jungen
Generation zu dienen, indem er sie mit alter Weisheit und neuen Ideen
beschenkte", analysiert Autorin Tetzlaff. Im Grunde arbeitete er daran,
dem kommenden ,Goldenen Zeitalter' den Boden zu bereiten. Ellen Reinhard! im
Buch „Leben des Grafen Saint Germain": „... Dürften wir nun zum Abschluß
diesen großen Adepten mit den Augen Leadbeaters betrachten, so erkennen wir
ihn als den ,Europäischen Meister', der 2000 Jahre hindurch an der
Entwicklung des geistigen Lebens Europas gearbeitet hat und als kulturelles
Genie, das Wissenschaft, Kunst, Politik und religiöses Fühlen miteinander
vereinigt." |
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Am 27. Februar
1784, am Vorabend der französischen Revolution, die in einen friedlichen
Prozeß münden zu lassen, eine seiner- vergeblichen - Bemühungen gewesen war,
stirbt Saint Germain im idyllischen norddeutschen Städtchen Eckernförde. |
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Starb er aber
wirklich? Als sein Schüler, der Landgraf Carl von Hessen, 1836 zu Grabe
getragen wird (52 Jahre nach dem Tode von Saint Germain), wollen ihn mehrere
Anwesende im Trauerzug gesehen haben, in einer seltsamen Tracht. Die Fischer
von Holm, die, wie es schien, besonders hellseherisch veranlagt waren,
behaupteten, der,Wundermann Europas' lebe noch. |
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Marie Antoinette
soll von ihm nach der Stürmung der Bastille einen Brief erhalten haben, in
dem er ihr riet, den Vorwand der Aufständischen zu zerstören, indem sie sich
von den Personen trenne, die sie nicht mehr liebe. „Lassen Sie Po-lignac und
Konsorten fallen. Diese sind alle dem Tode geweiht und schon für die Mörder
bestimmt, die eben die Beamten der Bastille getötet haben...". Zur
selben Stunde erhielt Madame Adhemar, Marie Antoinettes Vertraute, ein
Schreiben: „Alles ist verloren. Sie sind Zeuge, |
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daß ich alles getan
habe, um den Ereignissen eine andere Richtung zu geben. Man hat mich
abgewiesen. Zu spät. Ich wollte das von jenem Dämon Cagliostro vorbereitete
Werk mir genauer betrachten. Es ist teuflisch... Ich verspreche, Sie zu
treffen; aber fordern sie nichts. Ich kann weder dem König noch der Königin
noch der königlichen Familie helfen...". Auch dieser Brief habe von
Saint Germain gestammt. Wirklich? Während der Revolution sei er da und dort
in Paris erschienen, öfter auch auf der Place de la Greve, wo die
Hinrichtungen stattfanden. |
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Der ,Wundermann
Europas' lebt weiter in den Köpfen und Herzen jener, die seine Ideale teilen
und dafür leben. Manchmal drücken sie ihre Liebe zu ihm so schwärmerisch aus
wie W. R. Drake in den „Kosmobiosophischen Schriften" 1963: „Wir können
nur hoffen, daß Graf Saint Germain unter irgend einem berühmten Namen jetzt
hier unter uns wirkt und das Schicksal unserer Erde lenkt. Wenn das der Fall
sein sollte, wäre unsere durch Kampfund Streit zerrissene Welt nicht
verloren, denn durch seine geheime Weisheit wird die Menschheit sich zu neuem
Glanz hinauf entwickeln." |
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Wir können sicher
sein, daß er nicht nur in Köpfen und Herzen lebt, und daß er weiter baut an
dem großen Plan eines Daches, das die ganze Menschheit in Glück und Frieden
unter sich vereint. |
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Quellen: |
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Irene Tetzlaff:
„Unter den Flügeln des Phönix", J. Ch. Mellinger Verlag |
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Irene Tetzlaff:
„Der Graf von Saint Germain - Licht in der Finsternis", Mellinger Verlag |
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Kurt Seligmann:
„Das Weltreich der Magie", Deutsche Verlags-Anstalt. |
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"Den wachsamen
Blick auf die Natur gerichtet, |
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erkannte ich Wesen
und Ende der Einheit. |
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Ich sah im Erze das
goldene Licht, |
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ich erfasste den
Stoff und entdeckte den Keim". |
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(Saint-Germain) |
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Manche Dinge mag
man schon deshalb nicht anfassen, weil sie durch so viele Hände gegangen
sind; andere, weil die Hände sie so zerknüllt und bekleckert haben. So ist es
mit dem Thema "Der Graf von Saint-Germain", ist er doch nicht nur
unter die Theosophen, sondern auch unter ihre spekulativen Nachfolger, die
New Age- Anhänger, gefallen. Heute findet man im Internet
"gechannelte" Briefe von Saint-Germain, in denen er in Trance oder
Hypnose befindlichen Jüngern des Wassermannzeitalters angeblich dermaßen
grobe und platte Friedensbotschaften zukommen lässt, dass die Allgemeinplätze
auch des geistlosesten Politikers unserer Tage dadurch übertroffen werden. |
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Auch Peter Krassa,
Autor des neuesten Buchs über Saint-Germain, katapultiert sich mit seinen
belanglosen Spekulationen über einen angeblichen "Zeitreisenden"
zunächst aus dem Kreis derer, denen man einen Hauch seriöser Recherche
zutrauen möchte. Offensichtlich biedert sich Peter Krassa damit eben bei den
New-Age-Jüngern, Erich-von-Däniken-Anhängern, Ufologen und selbsternannten
Okkultisten an und versucht mit dem Thema Kasse zu machen. |
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Dennoch entsteht
zwischen den Spekulationen, den Missverständnissen und dem
"esoterischen" Gestammel Peter Krassas etwas wie eine Spur des
Grafen; an manchen Stellen tritt er aus dem Dickicht hervor und wird in
seinen Intentionen, seinem Humor und in seiner Größe plastisch. Und an
manchen Stellen bringt Krassa neues Material, das wichtig, ja unersetzlich
zum Verständnis wird. Für die Mystifikationen des Grafen kann Krassa nichts;
dazu hat der Graf schließlich schon selbst, wenn auch oft ironisch,
beigetragen. Man kennt ja bis heute seinen Namen nicht mit Sicherheit;
lediglich eine ganze Reihe von angenommenen, oft sinnbildlichen Namen und
eine Reihe von Doppelgängern, die zum Teil bewusst eingesetzt worden sind, um
Saint-Germain zu kompromittieren. Im folgenden möchte ich versuchen, durch
das spekulative Dickicht eine halbwegs gangbare Schneise zu schlagen, um den
Intentionen des Grafen von Saint-Germain und seinen geistigen Hintergründen
ein Stück näher zu kommen. |
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Vorläufiger Versuch
eines Lebensentwurfs |
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"Man sagt,
dass das Geheimnis des Friedens nur von einem gewissen |
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Herrn von
Saint-Germain gekannt werde" (Voltaire) |
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Saint-Germain wurde
– wahrscheinlich - 1698 als ältester Sohn des ungarischen Fürsten Franz N.
Rakoczy als Leopold Georg Rakoczy in Siebenbürgen geboren. Mit 33 Jahren
erschien er am Hofe Ludwigs XV, wo er diesen und dessen Mätresse Madame
Pompadour mit alchemistischen und chemischen Kenntnissen, vor allem aber mit
der Herstellung synthetischer beeindruckte und bald zu einem unersetzlichen
politischen Ratgeber und Diplomaten wurde. Er beteiligte sich angeblich an
der Planung des Suez-Kanals und war Abgesandter des Königs bei
Freimaurerkongressen. |
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Er war zeit seines
Lebens hoch geachtetes Mitglied zahlreicher Freimaurervereinigungen und hat
dort anscheinend großen politischen Einfluss im Sinne einer Liberalisierung
und der Überwindung autokratischer Herrschaftssysteme ausgeübt. |
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Ab 1737 lebte er
anscheinend als Gast des Schahs in Persien und wirkte auch hier als Ratgeber
und Alchimist. Seine Reisen führten ihn bis nach China und Indien, wo er
unter wechselnden Pseudonymen wirkte. Er war französischer Geheimdiplomat und
beriet Elisabeth I bei deren Staatsstreich, in dessen Verlauf sie in St.
Petersburg zur Zarin wurde. Auch hier hatte er weitreichenden Einfluss,
vordergründig als persönlicher Arzt der Zarin, aber auch als politische graue
Eminenz. Seine ärztlichen Fähigkeiten gingen so weit, dass er sie, aber auch
Ludwig XV. vor Giftanschlägen schützen konnte. 1744 rettete er Ludwig
anscheinend sogar das Leben. |
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In diesem Jahr
wurde er auf einer diplomatischen Mission in England verhaftet. Hier lernte
er Prinz Ferdinand von Lobkowitz kennen, der ihn für zwei Jahre nach Wien
einlud. Er war hier Mittelpunkt diverser esoterischer Kreise, in denen er wie
auf dem politischen Parkett "witzig und hochbegabt" brillierte. |
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1747 verhandelte er
im Auftrag der Kaiserin Maria Theresia erfolgreich mit dem Herzog von
Cumberland, um die kriegerischen Auseinandersetzungen zu beenden. Weitere
Friedensverhandlungen folgten. 1749 wurde er Groß-Hospitalit des
Malteser-Ordens. Nach weiteren Missionen und einer erneuten Zeit als
populärer Alchimist am Hofe Ludwigs XV. nahm er Kontakt zu König Friedrich II
von Preußen auf, der ihn wohl einlud, aber auf Distanz hielt. |
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1760 verhandelte er
als Unterhändler im Krieg zwischen England und Frankreich. Aufgrund einer
massiven Intrige durch Herzog de Choiseul wurde er fast verhaftet. Aber er
konnte sich durch Flucht nach England entziehen. In London brillierte er als
Violinvirtuose. Seine zahllosen Ortswechsel und Pseudonyme erschweren aber
eindeutige Zuordnungen. Er soll ab 1762 beim Sturz des russischen Zaren Peter
III mitgewirkt haben und wurde daraufhin von Katharina der Großen zum General
ernannt. |
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Ab 1765 reiste er
wahrscheinlich erneut nach Indien und durch den fernen Osten. Nach seiner
Rückkehr 1773 beschäftigte er sich bis an sein Lebensende mit der Veredelung
von Textilien und mit Farbstoffen. |
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In seiner letzten –
und einflussreichsten - französischen Zeit warnte er ab 1774 den Hof,
insbesondere Ludwig XVI. und Marie Antoinette vor der kommenden
"Verschwörung", die ihnen den Tod bringen würde. Der König
ignorierte seine Warnungen, was Marie Antoinette vor ihrem Tod 1788 in ihren
Tagebüchern sehr bereute. Unter dem Anagramm Tzarogy (nach
"Rakoczy") lebte er am Hof von Ansbach in Deutschland, pflegte
seine politischen, aber auch freimaurerischen, rosenkreuzerischen und alchemistischen
Kontakte. Er experimentierte von nun an, je mehr er sich aus der aktiven
Diplomatie zurückzog, in immer intensiverer Weise, unterstützt von guten
Freunden wie dem Landgrafen Karl von Hessen-Kassel. In dessen Haus verstarb
er am 27. 2. 1784 in Eckernförde. |
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Rätsel gab er
allerdings selbst bei seinem Ableben auf, da der Leichnam bei einer baldigen
Obduktion nicht mehr auffindbar war - und da er angeblich ein Jahr später bei
verschiedenen Gelegenheiten wieder gesehen worden sein soll. |
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Zeugnisse von
Zeitgenossen |
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Voltaire meinte in
einem Brief an Friedrich den Großen 1760: "Man sagt, dass das Geheimnis
des Friedens nur von einem gewissen Herrn von Saint-Germain gekannt werde,
welcher ehemals mit den Vätern des Konzils soupiert habe. Er ist ein Mann,
der alles weiß und niemals stirbt". Friedrich antwortete, Germain sei
für ihn "ein zweites Phänomen und ein Mann, welchen man nicht enträtseln
könne". |
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Der österreichische
Gesandte in Belgien, Graf Philipp Cobenzl schrieb in einem Brief
"Saint-Germain ist Dichter, Musiker, Schriftsteller, Arzt, Physiker,
Chemiker, Mechaniker und ein gründlicher Kenner der Materie. Kurz, er hat
eine universelle Bildung, wie ich sie noch bei keinem Menschen fand." |
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Vielleicht deutet
Cobenzl in der Formulierung –übrigens an einen erklärten Gegner
Saint-Germains gerichtet- dessen geistigen Hintergrund in der Formulierung
"gründlicher Kenner der Materie" an, der durch die alchimistischen
Versuche hindurch deutlich an die eigentlich rosenkreuzerischen Impulse
anknüpft. Bei anderer Gelegenheit sagte Cobenzl: "Er ist der
außergewöhnlichste Mensch, den ich jemals gesehen habe". |
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Geschickt lässt
Giacomo Casanova - sicherlich kein Freund von Saint-Germain, eher ein
politischer Gegenspieler - in seinen Memoiren auch seine klaren Vorbehalte
anklingen, wenn er schreibt: "Saint-Germain gab sich für einen
Wundermann aus; er wollte verblüffen, und oft gelang ihm dies. Er sprach in
bestimmten Ton, aber so sorgfältig, dass er nicht missfiel. Er war gelehrt,
sprach tadellos die meisten Sprachen; er war ein großer Musiker und Chemiker;
hatte ein angenehmes Gesicht und wusste alle Frauen gefügig zu machen, denn
er gab ihnen Schminken und Schönheitsmittel und erweckte in ihnen die
Hoffnung, nicht etwa sie jünger zu machen –denn so bescheiden war er doch,
dass er gestand, dies wäre ihm unmöglich -, wohl aber sie in dem Zustande zu
erhalten, in dem er sie vorfand, und zwar mittels eines Wassers, das ihn nach
seiner Behauptung viel Geld kostete, trotzdem aber von ihm verschenkt
wurde..". |
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Montesquieu
schätzte Saint-Germain dagegen sehr. Er schrieb an ihn 1753: "Ihre Titel
nehmen derart zu, dass ich sie nicht mehr behalten kann: Graf von Clavieres,
Domherr von Dornik, Ritter eines kaiserlichen Kreuzes, Mitglied der Academie
des Inscritions, derjenigen von London, von Berlin und so vielen andren bis
zu derjenigen von Bordeaux. Sie verdienen wohl all die Ehre und noch recht
viele andre dazu". |
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Karl von Hessen
schrieb: "Was Saint-Germain betrifft, war dieser der größte Geist, den
ich jemals kannte". Die Pompadour war zunächst wohl eher an den
fabulösen Wassern interessiert, die die Schönheit erhalten sollten. Über den
"Jungbrunnen", eine arg materialistische Ver-deutung der Kräfte
Saint-Germains, von denen die Rede am Hofe ging, sie ließen ihn niemals
altern, hat er sich verschiedentlich lustig gemacht. Sie lernte aber
offensichtlich auch seine politischen und menschlichen Fähigkeiten schätzen.
Saint-Germain gehörte auch zu ihren persönlichen Beratern. |
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Die Gräfin von
Genlis beschrieb Saint-Germain in ihren Memoiren folgendermaßen: "Er sah
damals höchstens wie ein Fünfundvierziger aus, aber nach dem Zeugnis von
Leuten, die ihn 30 bis 35 Jahre vorher gesehen, war er sicherlich weit älter.
Er war nicht ganz mittelgroß, gut gewachsen und hatte einen sehr leichten
Gang. Seine Haare waren schwarz, seine Haut stark gebräunt, sein
Gesichtsausdruck sehr geistreich, seine Züge ziemlich regelmäßig. Er sprach
fließend Französisch, ohne eine Spur von Akzent, ebenso Englisch,
Italienisch, Spanisch und Portugiesisch". |
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Fallen, Intrigen
und Doppelgänger |
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"Ich habe kein
Alter" |
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(angeblich Graf von
Saint-Germain) |
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Schon die Pompadour
hat in einem - belauschten – Gespräch versucht, Saint-Germain eine Falle zu
stellen, indem sie ihn nach dem Aussehen historischer Personen befragte. Sie
wollte hinter Saint-Germains vorgebliches außergewöhnliches Alter kommen.
Dieser schilderte ihr die befragten Personen bis in Details des Lebens am
Hofe und charakterlicher Eigenheiten. "Wie es scheint, haben Sie das
alles mit eigenen Augen gesehen", neckte sie ihn. Saint-Germain
antwortete: "Madame, mein Gedächtnis ist stark und funktioniert immer
noch gut". Nach einer Pause setzte er lächelnd hinzu: "Zudem habe
ich die französische Geschichte eingehend studiert". |
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Auf diese Weise
begegnete Saint-Germain oft den um ihn herum wogenden Gerüchten um den
angeblichen "Wundermann". Er wich zunächst aber nicht schroff aus,
sondern pflegte auch, zumindest in seinen jüngeren Jahren, diesen Nimbus.
Erst als ihm die Pompadour mit dem missverstandenen "ewigen Leben"
seiner Person zu nahe rückte, sprach er von dem "dummen Gerede der
Leute". Dieser Nimbus, der reichlich Tratsch beinhaltete, der ihm am
Hofe die Türen auch zunächst geöffnet hatte, wurde aber auch zu einer Waffe,
die man erfolgreich gegen Saint-Germain in Form von Intrigen verwenden
konnte. Und dieser gereichte Saint-Germain auch in der Historie zum Nachteil,
denn eben diese Geschichtchen sind der Stoff, aus dem "Channeler",
Theosophen und selbsternannte Okkultisten bis heute ihre Träume ziehen. |
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Zunächst traten in
Saint-Germains Umkreis angebliche "Wundermänner" und Betrüger auf,
die eben das Feld bearbeiteten und die Sehnsüchte bedienten, die niemals
Saint-Germain Thema gewesen sind. Dazu gehört der von Saint-Germain scharf
verurteilte Cagliostro, der später im Gefängnis endete. |
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Dann wurde das
Gerücht gestreut, Saint-Germain habe persönlich mit Jesus, Caesar und
Cleopatra Umgang gehabt und habe längst das Alter eines Methusalem erreicht.
Saint-Germain selbst soll nur geäußert haben: "Ach, die Pariser
Schafköpfe glauben, ich sei bereits fünfhundert Jahre alt, und ich bestärke
sie in dieser Meinung, weil ich sehe, dass sie ihnen so viel Vergnügen
macht". Dennoch dementierte er die diesbezüglichen Gerüchte aufs
schärfste. Das nutzte aber nichts. |
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Bereits Casanova
wurde nicht müde, Saint-Germain als einen gewieften Hochstapler darzustellen,
auch wenn er ihm vordergründig stets einen gewissen Respekt zollte. Casanova
war eben ein geschickter Denunziant. |
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Saint-Germains Ruf
wurde aber erst durch einen Gegner und geschickten Intriganten an Ludwigs XV.
Hof untergraben, dem Herzog von Choiseul, der für die Außenpolitik zuständig
war. Dieser hintertrieb nicht nur die diplomatischen Bemühungen
Saint-Germains, er installierte auch in dessen Abwesenheit –Saint-Germain
musste nach einer Intrige von Choiseuls nach England fliehen – einen
Doppelgänger. Dieser war der Schauspieler und Spion Milord Gower, der
Saint-Germain außerordentlich ähnlich sah. Die in Kleidung, Schminke und
Aussehen exakte Kopie Saint-Germains trat in der Folgezeit (um 1759) in der
Öffentlichkeit auf und erzählte genau die dreisten Lügengeschichten, die die
Gerüchte um Saint-Germain scheinbar bestätigten: Er habe Jesus und Pontius
Pilatus gekannt, sei Tausende von Jahren alt, sei schon eine Frau gewesen,
usw. Die grotesken Prahlereien dieses Hanswurst haben dann Nahrung dazu
gegeben, Saint-Germain entweder für einen Betrüger zu halten oder aber für
einen esoterischen Supermann. |
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Diese den Ruf
schädigende Inszenierung hatte deshalb so großen Erfolg, da Saint-Germain
nicht nur nie seinen wahren Namen offenbart hat, sondern selbst, auf
diplomatischen Missionen, auf Reisen, aber wohl auch zum Vergnügen, seine
Identität gewechselt hat. Oft waren seine Namen ja im Grunde Sinnbilder
–verborgene Hinweise. So deutet "Saint-Germain" vielleicht auf
seine inspirierende Quelle des deutschen Volksgeistes, der Name
"Welldone" auf seine politische Intention, "Bailli de
Solar" auf den Sonnengeist selbst. |
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Saint-Germains
Lebensart und Vermächtnis |
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Mit zu den
Gerüchten um Saint-Germains Person hat auch beigetragen, dass man ihn niemals
essen sah. Casanova machte daraus wieder ein Mysterium, wenn er schreibt,
Saint-Germain habe ihm mitgeteilt, seine Nahrung sei "für keinen
Menschen geeignet". Tatsächlich lebte Saint-Germain in strenger Diät,
nahm nur eine kleine Mahlzeit am Tage ein und trank vorrangig von ihm selbst
zusammengestellte Kräutertees, die er bei Gelegenheit Anderen wärmstens
empfahl. Seine finanziellen Verhältnisse waren meist ausgezeichnet für die
damaligen Verhältnisse, obwohl er sich niemals an seinen chemischen und
alchemistischen Produkten bereichert hat, geschweige denn an angeblichen
"Wundermitteln". Erst im hohen Alter begründete er in Venedig eine
florierende Textilfabrik. Seine persönlichen Bedürfnisse wurden stets als
ausgesprochen bescheiden geschildert. |
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Es gibt wenige
Schriftstücke von ihm, die er hinterlassen hat, darunter das folgende: |
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"Den wachsamen
Blick auf die Natur gerichtet, |
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erkannte ich Wesen
und Ende der Einheit. |
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Ich sah im Erze das
goldene Licht, |
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ich erfasste den
Stoff und entdeckte den Keim". |
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Zugeschrieben wird
ihm die Bemerkung: "Ich habe viele Namen, ich habe diese Welt besucht
vor der atlantischen Katastrophe, die ihr die Sintflut nennt. Ich lehrte
Salomo die Weisheit, diskutierte mit Sokrates und besuchte Pythagoras. Ich
habe kein Alter". Saint-Germain verweist mit diesen Worten
offensichtlich auf seine geistige Entität und seine spirituelle Kompetenz.
Nur eine materialistische Verballhornung kann aus solchen Worten schließen,
er habe gemeint, als Person Tausende von Jahren alt zu sein. |
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In der Bibliothek
von Troyes (Nr.2400 des Bibliothekkataloges) findet sich ein Schriftstück,
das ebenfalls Saint-Germain zugeschrieben werden kann: "Die
Geschwindigkeit, mit der wir durch den Raum jagen, lässt sich mit nichts
anderem als sich selber vergleichen. In einem Augenblick hatte ich die Sicht
auf die unten liegenden Ebenen vollkommen verloren. Die Erde erschien mir nur
noch wie eine verschwommene Wolke. Man hatte mich zu riesiger Höhe
emporgehoben. Eine ganze Weile zog ich durch den Wolken dahin. Ich sah
Himmelskörper um mich herum drehen und Erdkugeln zu meinen Füßen
versinken". |
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Schüler und Gegner |
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Saint-Germains
Intentionen waren, wie aus seinen Aktivitäten ersichtlich wird, vielfältig.
Seine Bewunderer wie seine Feinde kamen aus zahlreichen Lagern. Peter Krassa
zitiert aus einem Brief von Voltaire an Saint-Germain –den Krassa allerdings
wiederum auf wirre und spekulative Art interpretiert – in dem aber doch
deutlich wird, dass Saint-Germain auch für Voltaire ein ganz
außerordentlicher spiritueller Lehrer gewesen sein muss: "Ich beantworte
Ihren Brief, Monsieur, den Sie mir im April geschrieben haben, worin Sie
schreckliche Geheimnisse offenbaren, einschließlich des schlimmsten aller
Geheimnisse, das es für einen alten Mann, wie mich, geben kann – die Stunde
des Todes. Danke, Germain, Ihre lange Reise durch die Zeit wird von meiner
Freundschaft für Sie erhellt werden, bis zum Moment, wenn sich ihre
Offenbarungen um die Mitte des 20. Jahrhunderts erfüllen werden. Die
sprechenden Bilder sind ein Geschenk für die mir noch verbleibende Zeit,
darüber hinaus könnte doch Euer wunderbares mechanisches Fluggerät Euch zu
mir zurückführen. Adieu, mein Freund. Voltaire, Edelmann des Königs." |
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Innerhalb der
Freimaurerschaft muss Saint-Germain aber nicht nur als großer und geachteter
Lehrer gewirkt haben, sondern auch in dem Sinne, dass sich die
"mitgliedstarken Geheimbünde" wie die Templer und die
Freimaurergruppierungen vereinheitlichten und von nun an zusammenwirkten. Die
"neuen Ideen", von denen Irene Tetzlaff spricht, die er einbrachte,
bezogen sich wohl auch auf die Vorbereitung auf neue politische und
staatliche Strukturen im Sinne einer Liberalisierung. Europa im Sinne einer
liberalen Mitte zu einen und zu befrieden und moderne gesellschaftliche
Strukturen vorzubereiten, was er mit seinem letzten französischen Engagement
mit aller Kraft versuchte, scheiterte am Starrsinn des Königshofs. Dieser
wurde in der zunehmend chaotisierten französischen Revolution in Stücke
gesprengt. |
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Lobkowitz |
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Das Scheitern der
französischen Revolution im blanken Terror bereitete aber den Boden für einen
neuen reaktionären Usurpatoren, Napoleon. Peter Tradowsky schreibt dazu:
"Das Wirken eines bedeutenden Menschen für eine größere Menschengruppe
hängt nicht nur von diesem, sondern auch davon ab, was ihm aus dem Umkreis
entgegengebracht wird. Besonders bei einer spirituellen Mission (...) ist das
von entscheidender Bedeutung. (...) So hatte der Graf von Saint-Germain alles
daran gesetzt, Ludwig XVI. Anregungen zu vermitteln, die die notwendige
Umwandlung der sozialen Verhältnisse in gesunder Weise herbeiführen konnten.
Dies Wirken des Grafen von Saint-Germain führte aber tragischerweise nicht zu
einem geschichtswirksamen Einschlag. Die Französische Revolution mit ihren
Idealen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ließ diese tieferen
Zukunftskräfte nur chaotisch zum Vorschein kommen. Unverstanden gewannen sie
nicht die Kraft, gestaltend in die soziale Wirklichkeit einzugreifen. So trat
schließlich konsequenterweise das Wirken Napoleons an die Stelle dieser
Impulse" |
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Die spirituellen
Impulse Saint-Germains |
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Der
rosenkreuzerische Impuls Saint-Germains wurde bereits – nicht nur im Sinne
einer Mitgliedschaft in einer freimaurerischen Rosenkreuzervereinigung und im
Wirken als deren Lehrer - , sondern auch in seinem spirituellen
alchemistischen Impuls deutlich. Von vielen Seiten wird bezeugt, in welchem
Maße Saint-Germain geistig und wissenschaftlich über jeden Zweifel erhaben
war. Besonders seine Kenntnisse in Chemie haben immer wieder Bewunderung
hervorgerufen. In seinen alchemistischen Bemühungen arbeitete er an einer
Durchgeistung der Natur und gleichzeitig an einem spirituellen Übungsweg. |
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In welchem Sinne
dies gemeint sein kann, schildert Rudolf Steiner: "Der mittelalterliche
Rosenkreuzer nahm selber in seinem Laboratorium diese Prozesse vor, und dann
ergab sich der Experimentierende der Betrachtung dieser Bildungen von Salz,
der Auflösungen und der Verbrennungen, bei denen er sich stets tief
religiösen Empfindungen hingab, und er fühlte den Zusammenhang mit allen
Kräften im Makrokosmos. Diese Seelenvorgänge reifen bei ihm hervor: erstens
Göttergedanken, zweitens Götterliebe, drittens Götteropferdienst. Und dann
entdeckte dieser mittelalterliche Rosenkreuzer, dass, wenn er einen
Salzbildungsprozess vornahm, in ihm selber solche reinen, läuternden Gedanken
aufstiegen. Bei einem Auflösungsprozess fühlte er sich angeregt zur Liebe, wurde
er von der göttlichen Liebe durchdrungen, im Verbrennungsprozess fühlte er
sich entfacht zum Opferdienst, dazu gedrängt, sich auf dem Altar der Welt zu
opfern. Das war es, was der Experimentierende erlebte. (...) Und die Folge
war, dass derjenige, der so etwas durchgemacht hatte, der ein solches
Experiment wirklich erlebte, von göttlicher Liebe ganz durchdrungen wurde.
Also ein von Reinheit, Liebe und Opferwille durchdrungener Mensch kam dabei
heraus, und durch diesen Opferdienst bereiteten die mittelalterlichen
Theosophen ein gewisses Hellsehen vor". |
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Offensichtlich
stellten diese spirituellen "Experimente" und Schulungen, wie sie
Graf von Saint-Germain auch mit vielen Gästen durchführte - auch am
französischen Hof in Anwesenheit des Königs - ein "offenes
Geheimnis" dar. Denn die, die von der eigenen Gier befangen waren,
konnten zum inneren Kern des Tuns nicht innerlich durchdringen. Sie hofften
nur auf die Herstellung künstlicher Diamanten, Perlen oder anderer Pretiosen.
Immer wieder wurde kolportiert, der Graf habe das Geheimnis gelüftet, Blei in
Gold zu verwandeln. Für andere aber, wie etwa den tiefsinnigen Prinzen
Ferdinand von Lobkowitz, der ab 1745 Premierminister der
österreichisch-ungarischen Monarchie war, stellten diese Versuche
wahrscheinlich Wege zur inneren Reife in dem von Rudolf Steiner geschilderten
Sinne dar. |
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Der karmische
Hintergrund des Grafen von Saint-Germain |
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Aus den Umständen
des Lebens von Saint-Germain, seinen Äußerungen, seiner unerschöpflichen und
umfassenden Wirkenskraft und seiner - in Sinne der Alchemie – spirituellen
Lehrerschaft gegenüber Einzelnen, aber auch großen Teilen der damaligen
Freimaurer wird deutlich, dass er eine ganz außerordentliche Persönlichkeit
gewesen sein muss, ein "Eingeweihter", der in ganz exoterischer
Weise wirkte – auch um konkret politische Anstöße zu geben. Rudolf Steiner
geht hier aber sehr viel weiter, indem er konkret sagt: "Der Graf von
Saint-Germain ist im achtzehnten Jahrhundert die exoterische
Wiederverkörperung von Christian Rosenkreutz gewesen". Rudolf Steiner
erklärt und bestätigt dabei auch die Vermutung, verschiedene Doppelgänger
müssten dabei – wie wir wissen, in förderlicher wie in gegnerischer Absicht –
am Werk gewesen sein, denn anders ließen sich biografische Widersprüche
überhaupt nicht aufklären: "Nur wurde dieser Name auch andern Personen
beigelegt, so dass nicht alles, was in der äußeren Welt da oder dort über den
Grafen von Saint-Germain gesagt wird, auch für den wirklichen Christian
Rosenkreutz gelten kann". Übrigens sagt Rudolf Steiner in diesem
Zusammenhang auch, 1911, "heute ist Christian Rosenkreutz wiederverkörpert". |
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Ein weiteres Rätsel
ergibt sich, wenn man immer wieder von Auftritten und Erklärungen des Grafen
von Saint-Germain hört und liest, die dieser erst nach seinem Ableben getan
haben kann. So ist er 1784 und 1785 angeblich unter dem Namen Chef de Bien in
Paris bei der Vorbereitung und Durchführung eines Freimaurerkongresses
gesehen worden. Eine viel zitierte Äußerung von ihm stammt aus dem Jahr 1790
(in Wien), wobei er gesagt haben soll: "Ich werde gegen Ende des
Jahrhunderts aus Europa verschwinden und mich in die Regionen des Himalaja
begeben. Ich werde mich ausruhen, ich muss ruhen. Man wird mich in 85 Jahren
Tag für Tag sehen" |
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Man muss sehen, in
wie tiefem und ergriffenem Sinne Rudolf Steiner in diesen Tagen von Christian
Rosenkreutz spricht, wenn er etwa sagt, dass man sich bewusst werden müsse,
dass "der Geist des Christian Rosenkreutz fort und fort besteht. Und je
mehr wir uns diesem großen Geist nähern, desto mehr Kraft wird uns
zukommen". Er stellt auch vielleicht die angebliche Äußerung des Grafen
von Saint-Germain in anderen Zusammenhang, wenn er sagt, dass bei den
Rosenkreuzern festgesetzt war, "dass alle Entdeckungen, die sie machten,
hundert Jahre lang als Geheimnis bei den Rosenkreuzern bleiben müssten und
dass erst dann, nach hundert Jahren, diese Rosenkreuzer- Offenbarungen der
Welt gebracht werden dürften. Erst nachdem hundert Jahre darüber gearbeitet
worden war, durfte in entsprechender Weise darüber gesprochen werden".
Allerdings bestätigt er im Vortrag vom 27. September 1911 auch, dass "in
jedem Jahrhundert die rosenkreuzerische Inspiration so gegeben wird, dass
niemals der Träger der Inspiration bezeichnet wurde" – aus Gründen,
keinen Autoritätsglauben heranzuzüchten, aber auch spirituellen Gegnern
keinen Angriffspunkt ihrer "okkulten astralen Attacken" zu bieten. |
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Zum Buch von Peter
Krassa |
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Dieses Buch stellt
einen Wust von Spekulationen und Mutmaßungen dar, wobei Peter Krassa den
umgehenden New-Age-Fantasien noch seine eigenen, durch nichts als durch
Assoziation und Suggestion begründeten Theorien noch beimengt. Das macht die
Mischung nicht bekömmlicher. Seine Bekanntschaft mit Herrn von Däniken, aber
auch die spekulative Verkaufsabsicht trugen wohl ihren Teil dazu bei, dass
Peter Krassa einerseits die üblen Machenschaften intriganter Kräfte am
französischen Hofe aufdeckt, vieles klarstellt, aber andererseits den
verrücktesten Äußerungen eine Seite später hinterjagt, weil sie so
sensationell klingen. Das ist bedauerlich, denn das Leben des Grafen von
Saint-Germain ist sensationell genug. Man muss sich durch das Buch eine
Schneise schlagen, aber es bietet auch genügend Material, das neu ist, gut
recherchiert erscheint und einen Grundton wiedergibt, der mit diesem großen
Mann Saint-Germain kongruent geht. |
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Peter Krassas
Äußerungen muss man manchmal einfach übersetzen, weil er im Sinne treuer
Ufologen alle Phänomene platt materialistisch interpretiert. So kommt er zu
einer grotesken Vorstellung, der Graf sei ein "Zeitreisender"
gewesen. Dennoch bleibt bei der Fülle von geschichtlichen Daten aufgrund der
häufigen Identitätswechsel des Grafen selbst bei nachgewiesenen Ereignissen
der Zweifel, ob er selbst dabei war oder ob es sich dabei um einen der
Doppelgänger gehandelt haben könnte. |
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Lebt unter uns ein
Zeitreisender? |
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Raumflug der
Unmöglichkeit |
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Seltsame
Wiedergaben in einem Manuskript aus dem 18. Jahrhundert. Beschrieb der
rätselhafte Graf von Saint-Germain ein vergangenes oder ein erst kommendes
Erlebnis? |
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Ein Bericht von
Peter Krassa |
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"Die
Geschwindigkeit, mit der wir durch den Raum jagten, läßt sich mit nichts
anderem als sich selber vergleichen. In einem Augenblick hatte ich die Sicht
auf die unten liegenden Ebenen vollkommen verloren. Die Erde erschien mir nur
noch wie eine verschwommene Wolke. Man hatte mich zu rieseiger Höhe
emporgehoben. Eine ganze Weile zog ich durch den Weltraum dahin. Ich sah
Himmelskörper um mich herum sich drehen und Erdkugeln zu meinen Füßen
versinken." |
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Wer da meint, den
De-facto-Erlebnisbericht eines Astronauten im bevorstehenden Jahrtausend vor
sich zu haben, oder wenigstens eine realistisch erzählte
Science-fiction-Story eines zeitgemäßen Schriftstellers - der irrt sich
gewaltig. Diese Sätze wurden bereits vor zwei Jahrhunderten
niedergeschrieben. Von einem Mann, dessen Vorstellungskraft eigentlich
derartige Eindrücke, wie die zuvor geschilderten, niemanls hätte so
realistisch wiedergeben dürfen. Was wußte man denn schon damals, im 18.
Jahrhundert, von der Möglichkeit, sich mit Hilfe von Raumschiffen im Weltall
vorwärts zu bewegen? Man war hierfür längst noch nicht reif, und selbst das
wissenschaftliche Establishment zeigte sich in jenen Jahrzehnten außerstande,
die Nase über den Tellerrand von "Mutter Erde" zu erheben. flüge
zum Mond oder gar zu anderen Planten wurden nicht einmal in kühnsten Träumen
in Betracht gezogen, und wären - so irgend jemand derartige Gedanken geäußert
hätte - wahrscheinlich als Phantasterei, wenn nicht sogar als Blasphemie,
verworfen worden. |
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Und doch gab es
schon damals eine höchst sonderbare Persönlichkeit, die von sich behauptete
adeliger Herkunft zu sein und unter dem Namen Graf von Saint-Germain vor
allem in aristokratischen Kreisen gewaltiges Aufsehen erregte. Jene zuvor
zitierten Zeilen, die zweifellos aus der Feder des Betreffenden stammen, sind
uns dankenswerterweise (im Gegensatz zu anderem Schiftgut dieses Verfassers)
erhalten geblieben und können jederzeit nachgeprüft werden. Dazu bedarf es
bloß eines Besuches der Bibliothek in der französischen Stadt Troyes. Unter
der ausgewiesenen Nummer 2400 (nachzublättern im Bibliothekskatalog) findet
sich das von Graf Saint-Germain handschriftlich abgefaßte Manuskript "La
Trés Saint Trinosophie" (zu deutsch: "Die heiligste dreifaltige
Weisheit"), und darin jene rätselhafte Wiedergabe, die uns heute so sehr
an einen Erlebnisbericht erinnert. |
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Erlebnisbericht?
Wann und wo sollte der Autor dieses Textes derartiges widerfahren sein? Dazu
hätte er in einer Zeitphase leben müssen, die wir mordernen Menschen selbst
heute noch als fernere Zukunft ansehen. |
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Gut, den Mond haben
unsere Raumfahrer inzwischen erreicht und betreten, aber schon bis zum
nächsten Marsflug werden wohl noch einige Jährchen vergehen. Und bis es
einmal so weit sein wird, daß uns von der Erde gestartete Astronauten einen
Raumflug zu schildern vermögen, der sich bis an die Grenzen unseres
Sonnensystem - und darüber hinaus - zu führen vermag; ein Raumflug, der es
ihnen aus eigener Ansicht ermöglichen wird, "Himmelskörper...sich drehen
und Erdkugeln...versinken" zu sehen - diesesn Triumph wird diese
Generation (von Wissenschaftlern) gewiß nicht mehr miterleben. |
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Im Falle des Grafen
von Saint-Germain müßte man demnach zu der Annahme kommen, er selbst sei in
dieser zukünftige Ära gewesen, und habe einem solchen Raumflug persönlich
beigewohnt. Völliger Unsinn? Ein Ding der Unmöglichkeit? |
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Unter normalen
Umständen: zweifellos. Aber bei Saint-Germain ist alles anders. Denn ihm
wurden Fähigkeiten zugemutet (und werden es in gewissen Kreisen immer noch),
die außderhalb der normalen Bandbreite zu liegen scheinen. Okkultisten und
Esoteriker sehen in dem angeblichen Grafen einen "Wundermann". Wie
schon vor zwei Jahrhunderten nennt man ihn auch heute noch "Meister von
Europa". Auch als "Sphinx" wurde und wird er gerne bezeichnet,
war es doch Saint-Germain gegeben, um seine Person, seine Herkunft, Geburt
und sogra Ableben ein großes Geheimnis zu machen. Was wir über ihn wissen
(oder wenigstens zu wissen glauben), ist die Erkenntnis, daß jener
"Meister" seinen gräfischen Titel sowie die Identität der Familienmitgliedschaft
der Saint-Germain lediglich angenommen, doch niemals wirklich erworben hat. |
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Natürlich gab es im
Verlauf der vergangenen Jahrzehnte die unterschiedlichsten Bemühungen, das
Dunkel um die Person des Grafen von Saint-Germain zu lichten. Aber alle
derartigen Versuche erwiesen sich letztendlich als untauglich. So vermutete
etwa der berühmte Okkultist Eliphas Lévi (1810-1875), Saint-Germain wäre der
uneheliche Sohn eines adelligen Rosenkreuzers gewesen und gegen Ende des 17.
Jahrhunderts im böhmischen Leitmeritz geboren worden. Auch die Annahme, bei
dem sogenannten Grafen habe es sich um den Abkömmling eine Steuereintreibers
in San Germano gehandelt - eine Ortschaft in Portugal, die später jenen
Hochstabler dazu animiert hätte, daraus seine Familienherkunft von den
"Saint-Germains" zu konstuieren. |
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